Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
37. Jahrgang.1910
Seite: 30
(PDF, 209 MB)
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$0 Psychische Studien. XXXVIL Jahrg. 1. Heft. (Januar 1910.)

ihr ein mystischer Geist, der den scheinbaren Zwiespalt des
Daseins in einer Einheit aufzulösen oder doch wenigstens
als auflösbar hinzustellen bestrebt ist. Dieser gleiche Geist
ist auch in den Naturen lebendig, die das Schicksal in die
Reihe der Androgynen einordnet. Man denke hier nicht
an körperliche hermaphroditische Bildungen. Was für
diesen Funkt in Betracht kommt, sind allein die seelischen
Momente, die geistige Hermaphrodisie, um uns dieses Ausdrucks
zu bedienen. Es sind die psychischen Abstimmungen
maßgebend, wie ich 'sie in einer früheren Arbeit „Das Geschlecht
als Mittler des Ubersinnlichen * an anderer Stelle
des Näheren erläuterte. Bestand bei St. Germain eine solche
geistige Hermaphrodisie, vielleicht gerade in Verbindung
mit dem von Montaigne behaupteten Vorkommnis, so wäre
es zu verstehen, daß er seine Abstammung und sogar sein
Vaterland verborgen zu halten suchte, damit nicht eines
Tages von Unverständigen sein Geheimnis, wohl sein einziges
wirkliches Geheimnis, auf den Gassen ausgerufen
würde. Vielleicht auch war diese zweifellos an ihm zu
konstatierende Eigenart, gleichviel,. ob er seine Kindheit
als Mädchen verlebt hatte oder nicht, der Grund, daß die
mit ihm in Berührung kommenden Personen anfänglich
mehr in ihm vermuteten und mehr von ihm sich versprachen,
als er bei fortgesetzter Bekanntschaft hielt.

Was St. Germain vermochte, seine an Extremen reiche
Rolle zu übernehmen, die ihn bald als Initiierten, bald als geschäftlichen
Unternehmer, bald als Grand-Seigneur, bald als
unterstützungsbedürftigen Emigranten erscheinen ließ, darüber
haben sich schon verschiedene ohne Erfolg die Köpfe
zerbrochen. Vielleicht hat er nicht mehr damit erzielen
wollen, als ein leidlich bequemes Dasein, das ihm gestattete,
an dem Luxus der grossen Welt teilzunehmen. Auch dies
könnte als Bekräftigung der Nachricht Montaigne's angesehen
werden, denn es entspräche dem, was über die Neigung
ähnlicher Charaktere bekannt ist. Sein Innerstes hat St.
Germain niemandem enthüllt. Er war eine verschlossene
Natur, die ganz sich selbst lebte und ihre Mitmenschen
nur als die Mittel benutzte, um dies zu können. Ob er
innerlich mehr wrar als ein Gaukler? Niemand weiß es.
Aber selbst zugegeben, er hätte zu einem Adepten das Zeug
in sich gehabt, ja er wäre ein solcher gewesen, so war er
doch ein höchst selbstsüchtiger, ein Gentißling in der
raffiniertesten Form und unter der Maske einer gewissen
Bescheidenheit. Was er der Mitwelt gab, aus sich gab, war
nichts als Blendwerk, oder, um gelinde zu reden, die
Träumereien einer schönheitsdurstigen und empfindsamen


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