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Frendenberg: Denkende Tiere. 179
trug er mit heiterer Fassung. Aber nie hat er den Sehlag
verwunden, den ihm 1854 der Hingang seines Eickele versetzte
. Zum Trübsinn war er nicht geschaffen, und bis zum
Ende seines Lebens hat er dessen Güter in dankbarer Freude
genossen, liebewarm und dichtungsfreudig bis zuletzt. Aber
er war seitdem doch ein einsamer alter Mann, und der
Grabstein, der auf dem Weinsberger Friedhof das edle Paar
deckt, kündet mit wenigen schlichten Worten von der
Liebe, die stärker ist als der Tod. Auf ihm liest man die
folgende, vom Dichter selbst angegebene Inschrift: „Friederike
Kerner und ihr Justinus."
II. Abteilung.
Theoretisches und Kritisches.
Denkende Tiere.
Mitteilung von Dr. med. Franz Freudenberg -Brüssel.
I.
„Wer genügend historisch gebildet oder
wenigstens fähig ist, historisch zu denken
und zu begreifen, der sieht, wie unendlich
* langsam geistige Bewegungen von ihren
Urhebern aus in die große Masse der Gebildeten
und nun erst der Ungebildeten
dringen. Und zwar besonders langsam,
wenn es sich nicht um ,geniale Ideen4
handelt, die ja zuweilen eine lebhafte und
plötzliche Massensuggestion bedingen, aber
auch oft wieder schnell verschwinden,
sondern wenn der Inhalt der geistigen Bewegung
sich bildet durch neue Erkenntnisse
, die unermüdliche und voraussetzungslose
Forschung, wissenschaftliches Denken
und Wirklichkeitssinn hervorgebracht
haben. Die physikalischen Gesetze der
Trägheit und des Beharrens sind auch im
geistigen Leben wiederzufinden, wo die
Annahme wissenschaftlicher Arbeitsergebnisse
ein ,Umdenken* und ein Aufgeben
altgewohnter Anschauungen verlangt, ein
Aufgeben, das vielleicht oft mit schmerzlichen
Gefilhlsreaktionen verbunden ist,"
Mörchen: „Wirklichkeitssinn und
Jenseitsglauben," Halle, Marhold
Verlag, 1909, Seite 7—8.
Wie sich die Leser d. Z. erinnern werden, habe ich
im Juniheft der „Psych. Studien" (8. 383) erklärt, daß ich
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