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Deinhard: Die Fähigkeit des hellsinnigen Einfühlens. 457

Die Fähigkeit des hellsinnigen Einfühlens.

Von Ludw. Deinhard.

Was ist darunter zu verstehen? Ich gebrauche hier einen
Ausdruck, den ich aus dem Mund eines Mannes gehört habe, der
diese Fähigkeit bis zu einem ungewöhnlichen Grad in sich ausgebildet
hat. Es ist dies der Münchener Graphologe und Psychologe
Ludwig Aub.

Ein kleines vor mir liegendes Schriftchen, betitelt: „Kern-
worte über Ludwig Aub" gibt näheren Aufschluß über die seltene
Begabung dieses Mannes, gibt an, was Gelehrte, Ärzte, Juristen
usw. über ihn ausgesagt haben. Es ist wirklich psychologisch interessant
, in diesem Schriftchen zu blättern, zu sehen, wie sehr sich
die Verfasser dieser Gutachten bemüht haben, das geheimnisvolle
Talent, das sie bei Aub entdeckt haben, in klare Worte zu fassen,
was den meisten nicht ganz leicht gefallen sein mag. So schreibt
z. B. Dr. Arthur Cohen, Professor der Nationalökonomie an
der Technischen Hochschule in München:

„Ludw. Aub ist ein Meister in der Kunst, Tiefschau in die
Menschenseele zu halten. Seine Treffsicherheit und sein
Nuancen-Reichtum in der Beurteilung namentlich komplizierter
Seelen grenzt ans Wunderbare. Er ist ein Teiresias der Gegenwart
, ein modernes Orakel von Delphi . . ." Nun ein modernes
Orakel von Delphi darzustellen, dies beansprucht sicher Aub
selbst nicht. Er ist sicher weder ein moderner Teiresias, noch ein
Eingeweihter im Sinne der alten griechischen Mysterien. Aber er
ist ein außerordentlich feiner Seelenerforscher, der gewiß schon
manchen, der ihn in seinem Arbeitszimmer (Blüthenstraße 12,
München) aufsuchte, die Augen über das große Geheimnis geöffnet
hat, das er, in seiner Psyche verborgen, beständig mit sich
herumträgt. — Ein anderer Begutachter, Dr. jur. 0 11 o F r a a ß ,
Rechtsanwalt in München, schreibt: „Ludw. Aubs intuitiv treffsichere
Art rührt an die Grenzen allen Fühlens und Erkennens.
Im höchsten Maß erstaunlich ist, wie er sich in die seelische und
geistige Innenwelt ihm ganz unbekannter abwesender Personen,
auch ohne Kenntnisnahme von deren Handschrift und Photographie
einzufühlen vermag." Ebenso rühmt auch Dr. med.
Arthur Ludwig (Nervenarzt in München) Aubs „außerordentlich
seltenes Einführungstalent". Graf Klinkow-
ström (Berlin) redet von der „Möglichkeit einer psychometrischen
Begabung", Dr. med. Hans Rascher (München)
von „Hellsichtigkeit", Dr. phil. Walter Bormann
(München) von „Hellfühlen". Andere Begutachter reden einfach
von „großer intuitiver Begabung". So sehr auch die Ausdrucksweise
schwankt, darin stimmen doch alle Begutachter
überein, daß bei Aub eine ganz ungewöhnliche Treffsicherheit