Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
47. Jahrgang.1920
Seite: 196
(PDF, 183 MB)
Bibliographische Information
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196 Psychische Studien. XLVII. Jahrg. 4. Heft. (April 1920.>

sein, und zwar ebenfalls unbewußt. Es schlössen sich auf Grund
der Ideenassoziation Gedanken an und in meiner unheilvollen Unwissenheit
schrieb ich dann jedesmal den durch die Ichbetrachtung
hervorgerufenen qualenvollen Seelenzustand dem jeweiligen
Gedanken zu, der sich an die Betrachtung anschloß.

Aber bald erschien mir das ebenfalls sehr auffällig und
komisch, daß fast immci das, üher was ich nachdachte, den quälenden
Seelenzustand hervorrufen sollte.

So suchte ich nun weiter, um die wirkliche Ursache zu finden.
Jeder tiefere Blick aber wirkte wie ein Todesstoß auf mein Ich;
besonders in der Nacht, vor dem Schlafengehen, wenn ich so allein
in meinem dunklen Zimmer mich etwas aufhielt, war mir immer
schrecklicher zumute, weil eben durch diese Stille die objektive
Selbstbetrachtung des sich bewußten reinen Ichs wesentlich gefördert
wurde. So mußte ich ständig der Wächter meines Bewußtsein
* sein, dessen Räuber ich eigentlich selbst war — unbewußter
Weise. Manchmal wurde ich sogar im Traume von der
bewußtseinsraubenden Ichbeirachtung überrascht und aufgescheucht
, wie ein Wahnsinniger wachte ich plötzlich auf voll
Schrecken und Angst mein Bewußtsein zur Außenwelt bei vollem
Selbstbewußtsein zu verlieren. Es fehlte mir eben der Wächter im
Traume, wo die Gedanken ein zügelloses Spiel haben.

Wenn ich auch die meiste Zeit von dem Überraschen dieser
Bewußtseinsraub drohenden unbewußten tieferen Ichbetrachtung
verschont geblieben bin, mich aber fortwährend überwachen mußte
in dieselbe nicht zu verfallen), um mich nicht im Ich zu verlieren,
so wirkte das auf mich qualvoll und fast unerträglich. Ich verlor
die Freude am Leben, ich sah den Zweck meines Daseins nicht
mehr ein, eine furchtbare Öde und Leere herrechte m meinem
Seelenleben. Nur eine Hoffnung, daß dieser Zustand, der eigentlich
das Wesen der Schwermut bildet, doch vielleicht, wenn auch
später, vorübergehen wird, hielt mich aufrecht.

Was ist nun das Wesen der Schwermut? Die Schwermut ist
die unbewußte, ständige Überwachung der drohenden Befangenheit
, der Selbstbetrachtung des reinen sich bewußten Ichs.
Durch das ständige geistige Hineinschauenwollen in das leere reine
Ich, was doch zugleich die Lossagung von der Außenwelt bedeutet,
wird hierdurch dem Ich immer damit gedroht, durch die amge- „
strebte Lostrennumg von der Außenwelt ihm sein bewußtes Dasein
der Außenwelt gegenüber zu nehmen, und ferner wird ihm die
Tätigkeit und insbesondere die Aufnahmet ätigkeit der Eindrücke
der Außenwelt wesentlich erschwert, was das Ich furchtbar
drückend empfindet. Darum treten bei dem Schwermütigen die
Erscheinungen der Freudlosigkeit am Leben, hervorgerufen durch
die unbewußte angestrebte Lostrennung von der Außenwelt, die
Untätigkeit bzw. die Arbeitsunlust, hervorgerufen durch die er-


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