Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
47. Jahrgang.1920
Seite: 293
(PDF, 183 MB)
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Gerhardt: Die Raumvorstellung der Blinden. 293

Einigermaßen ähnlich liegen die Dinge bei den vorerwähnten
Modellen in bezug auf das Raumverstehen. Mag die Nachbildung
eines Ozeandampfers noch so präzise sein, so ist sie doch niemals
ausreichend, dem Blinden ein zutreffendes Urteil über die räumlichen
Verhältnisse des Originals zu ermöglichen, während der
Sehende unter Umständen aus der Betrachtung dieses Modells
einen weitgrößeren Nutzen zu ziehen vermag.^

Diesen Punkt noch weiter auszuspinnen, können wir uns wohl
ersparen, da der psychologisch geschulte Leser sicher erkannt
haben wird, worauf es uns hier besonders ankommt. Um Mißdeutungen
vorzubeugen, sei nochmals betont, daß wir weit davon
entfernt sind, dem Modell im Blindenunterricht seinen hohen
Wert abzusprechen, wir wollten lediglich feststellen, daß es für
die reine Raumerkenntnis nur bedingt seinen Zweck erfüllen
kann.

Wenn sich dem Blinden schon bei der geistigen Erfassimg einzelner
Gegenstände im Raum oder Raumteile solch große Schwierigkeiten
entgegenstellen, in wieviel erheblicherem Maße sind
diese dann vorhanden, wenn es darauf ankommt, den Kaum
selbst, das „an sich Räumliche", zu verstehen. Bei dem eingehenden
Studium dieser Frage sind wir zu ganz außerordentlichen Resultaten
gelangt, durch welche die Blindenforschung einen
wesentlichen Schritt vorwärts getan hat.

Führen wir einen Blinden in eine Halle, die ihm bis dahin
nicht bekannt gewesen ist, und geben ihm auf, uns sein Urteil
über die räumlichen Verhältnisse derselben abzugeben, so wird
er, wenn es sich um ein intelligentes Individuum handelt, verschiedene
Methoden anwenden, utn die gestellte Aufgabe zu
lösen. Als erstes wird er mit der Stimme, dem Fuß oder den
Händen einen Schall hervorrufen, um einen oberflächlichen „Gesamteindruck
" von der Größe des Raumes zu gewinnen, auf die
er aus dem Nachhallen oder Widerhall Schlüsse zieht. Danach
wird er vom Eingang aus gradlinig die gegenüberliegende Wand
durch Vorwärtsschreiten zu erreichen suchen. In gleicher Weise
stellt er anschließend hieran die Breite fest, wobei die gemachten
Schritte gezählt werden. Schließlich wird es ihm erforderlich
oder doch mindestens zweckdienlich scheinen, auch ringsherum
die Wände abzuschreiten. Ist eine Leiter vorhanden, kann mit
Hilfe derselben auch versucht werden, die Decke zu erreichen
bezw. festzustellen, ob vermittelst dieser Leiter die Decke überhaupt
erreicht werden kann. Diese einzelnen Feststellungen
(Wahrnehmungen) werden dann synthetisch verarbeitet und
geben die Grundlage für das Endurteil ab.

Hieraus können wir ersehen, daß der Blinde dem Raum an sich
völlig fremd gegenübersteht und daß er nur in der Lage ist, seine


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