Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
47. Jahrgang.1920
Seite: 478
(PDF, 183 MB)
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478 Psychische Studien. XL VII. Jahrg. 9. Heft. (Sept. 1920.)

Aposteln dringend, ein Schwert anzuschaffen, — und sei es
um den Preis des Mantels, — um sich vor einem räuberischen
Überfall zu schützen. Was war aber der heidnische Staat
seiner Zeit (das „imperium romanum44^ anderes als eine seßhaft
gewordene „Räuberbande44? J

Die Klugheit ist — vom Gesichtspunkte des Religionstheoretikers
a n sich eine amoralische, d. h. sittlich unentschiedene
Tugend oder Fähigkeit wie Mut, Tapferkeit, Ausdauer, Energie,
Zielstrebigkeit, und erst die Auswahl ihrer Mittel gestattet
uns ein ethologisches Urteil über ihre Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit
mit dem Gesetze des Bekenntnisses zu fällen.
Und hier zeigt sich der Begriff „Klugheit44 allerdings als sehr
dehnbar, weshalb Herr Kaindl auch als der pessimistische
Beurteiler der empirischen christlichen Sittlichkeit, der er berechtigterweise
ist, mehr die angreiferisch gesinnte, schleichende
berechnende privatistische Klugheit im Auge hat als jene
streng verteidigungsmäßige Klugheit, die dem Bekenner allein
geziemt.

Das „Gesetz der Klugheit44 wird also wohl bis auf weiteres
eine religions- und sittlichkeitslehrige Streitfrage bleiben. —

Und wie steht es mit dem Naturevangelium? „Es gibt
m. E, keinen brauchbaren Invertismus als den der natürlichen
Entwicklung —44 sagt Kaindl.

Sehen wir uns den sittlich-erzieherischen Wert der „Natur44
— dieses Wort zunächst im geläufigen Sinne verstanden —
etwas näher an: z. B. junge Spechte pflegen sich zum Zeitvertreib
mit ihren langen spitzigen Schnäbeln gegenseitig auf
den Kopf zu picken. Sobald einer dieser jungen Vögel hart getroffen
und sichtlich betäubt ist, hacken die anderen so lange und
so eifrig auf ihn los, bis er tot ist. Dieser Zug von natürlicher
Grausamkeit ist in der Tierwelt übrigens ziemlich verbreitet.
Bekannt ist der Freßgeiz „Futterneid" vieler Tiere. Wieviel, ist
nicht schon geschrieben worden über den grausamen „Kampf
ums Dasein44 in der Natur! Und die Bazillen und Bakterien,
diese Vorbilder des sozialen Parasitismus, — sind sie nicht
auch ganz natürlich? Vor mir liegt ein Heft der „Anthropo-
phyteia44- Bericht von Friedr. J. B e b e r über die geschlechtlichen
Sitten der Harari (in Aethiopien.) Darnach sollen —
um nur dies eine zu erwähnen — angeblich die Hälfte der
Harari mit Syphilis behaftet sein. Das ist ein „Naturvolk!44
Von den Kamtschadalen haben wir gehört, daß sie sich durch
eine Art Kautabak in einen Zustand wildester Raserei ver-.
setzen, in dem sie stundenlang schreien und toben usw. usw.

Genug! Was sollen wir dazu sagen? Man könnte von
natürlicher „Unnatur44 reden, und wir waren ernstlich versucht,
die privatistische Entwickelung der europäischen Völker als die


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