Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
47. Jahrgang.1920
Seite: 506
(PDF, 183 MB)
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506 Psychische Studien. XLVII. Jahrg. 10.—11. Heft. (Okt.-Nov. 1920.)

großen Denker und Dichter unseres Volkes immer erst in den
nachlebenden Geschlechtern recht wirksam geworden ist. Zwar
ist Wundt das leidvolle Schicksal so manches geforsteten Geistes
erspart geblieben, von den Mitlebenden in rückständiger Verkennung
seiner umfassenden Bedeutung nicht genügend gewürdigt zu
werden. Er hat sich im Gegenteil während seiner langen Lebensdauer
auch in der weitesten Oeffentlichkeit andächtig lauschender
Hörer seiner Worte und aufmerksam hingebungsvoller Leser
seiner Bücher erfreuen dürfen; aber die restlose Erschöpfung und
Verwertung seines Werkes wird doch erst der Nachwelt vorbehalten
bleiben. Was er indes bereits der Mitwelt gewesen, was
er über den immerhin engen Kreis wissenschaftlicher Betriebsamkeit
hinaus seinem Volke an idealistischen Gedanken gegeben,
dessen sei in dieser Stunde, da uns der Schmerz um den Hingang
dieses einzigaitigen Mannes bewegt, auch an dieser Stelle in
dankbarer Erinnerung gedacht.

Wie Aristoteles für das Hellenentum, wie Gottfried Wilhelm
Leibniz für die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege, so war
Wilhelm Wundt für die Gegenwart die Verkörperung alles wissenschaftlichen
Lebens und aller gelehrten Bestrebungen. Mit hellen
Fackeln hat er hineingeleuchtet in die grauen Abgründe der Verworrenheit
des Daseins und hat neues, strahlendes Licht verbreitet
über die Entstehung und die Zusammenhänge des seelischen Geschehens
beim einzelnen Menschen nicht minder wie bei den
menschlichen Gemeinschaften. Von Leibniz hat die deutsche
Philosophie ihren Ausgang genommen, Wundt ist der tiefste Begründer
der deutschen Psychologie geworden. Hatte schon jener
aus reinem Denken gefolgert, daß der Mensch unter dem Gesetz
des ununterbrochenen Zusammenhanges alles Seienden stehe, so
hat dieser dafür die lückenlose psychologische Begründung geliefert
Aber Wundt hat zugleich die Vorstellung von der rein verstandesmäßigen
Isoliertheit des Einzelmenschen, wie sie in der
Monade Leibnizens ihren beredtesten Ausdruck gefunden hat,
überwunden, indem er die Einzelpersönlichkeit in ihren Wechselwirkungen
zu anderen Persönlichkeiten erfaßte, indem er „das
Ganze des Seelenlebens als ein selbständig bewegtes, schöpferisch
in der Tätigkeit aller und in deren Verflochtensein sich vorwärts
schiebendes Etwas" darstellte. Die Psychologie, die Lehre vom
Wirken dessen, was wir Seele nennen, ist ihm Kern und Stern
aller Erkenntnis. „Wie die Psychologie gegenüber der Naturwissenschaft
die ergänzende, gegenüber den Geisteswissenschaften
die grundlegende, so ist sie gegenüber der Philosophie die vorbereitende
empirische Wissenschaft." Mit der Zähigkeit des selbstsicheren
, seiner Sache gewissen Forschers hat er diese Anschauung
verteidigt und durchgesetzt. Ihr reifster und mächtigster Niederschlag
ist das großartige Werk der „Völkerpsychologie", das


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