Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 70
(PDF, 206 MB)
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70 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1925.)

Es kommen nun aber auch gelungene Experimente vor, bei denen
die Annahme eines psychischen Transferts irgendeines Anwesenden auf
den Hellseher jeder Grundlage entbehrt. Fischer sieht sich gezwungen,
für die Erklärung dieser Art von Fällen das sogenannte Hellsehen anzunehmen
, d. h. eine Eigenschaft, kraft deren gewisse Personen imstande
sind, den normalen Sinnen nicht zugängliche Dinge wahrzunehmen
resp. zu sehen. Fischer findet den von R i c h e t eingeführten Ausdruck
Kryptaesthesie zur Bezeichnung solcher Vorgänge besser
als das Wort Hellsehen. Es wird Fischer schwer, irgendeine naturwissenschaftlich
plausible Hypothese für die merkwürdigen Resultate
bei Schermann zu geben. Merkwürdigerweise gelang Schermann wohl
den ganzen Vorstellungskomplex einer Persönlichkeit durch psychischen
Transfert zu perzipieren, dagegen war ihm das nicht möglich für ganz
einfache psychische Vorgänge, einzelne Worte, Farben und dgl.

Dieselbe Erfahrung wird bestätigt durch die Tatsache, daß Schriften
mit ziemlich wirren und unregelmäßigen Linienführungen eher erraten
, wahrgenommen und imitiert werden, als einfache geometrische
Figuren. Ebenso konnte Schermann beim Kuverttasten niemals ein
einzelnes Wort aus dem Inhalt des vorgelegten Schriftstücks erraten,
wohl aber schilderte er die Stimmung, in welcher der Brief geschrieben
wurde, beschrieb die Person und imitierte deren Schrift. Die Worte
dazu mußte man ihm diktieren, um einen einwandfreien Vergleich mit
dem Original zu ermöglichen. Wenn hierbei ein Schwindel im Spiel gewesen
wäre, so hätte Schermann doch auf Umwegen irgendwelche
Bruchstücke erraten, was aber nicht der Fall war.

Die graphologischen Leistungen Schermanns gehen weit über den
Rahmen der schul- und zunftgemäßen Schriftdeutung hinaus. Denn
ein flüchtiger Blick auf die auch in einiger Entfernung oder umgekehrt
gehaltene Schrift genügt ihm, um die Person des Schreibers zu schildern.

Es kommen demnach bei Betrachtung der Schrift zwei Komponenten
in Frage: i. die direkte optische Einwirkung der Schrift mit Hilfe
der bekannten graphologischen Unterscheidungsmerkmale; 2. die Einwirkung
auf Grund anderer außersinnlicher Perzeptionsqualitäten mit
einer anderen psychischen Verarbeitung als der Bewußtseinsanalyse.

Schermann befindet sich in einem anscheinend normalen Zustand
während seiner Arbeit. Die Aeußerungen kommen ruck- und brockenweise
heraus, und das ganze Bild entwickelt sich erst allmählich aus
unter Umständen recht unscheinbar aussehenden Details. Einmal zeigte
Fischer Schermann eine fremde Person. Schermann imitierte darauf
sofort deren Schrift, ohne sie jemals gesehen zu haben.

Aus alledem kann man schließen, daß bei Schermann die Persönlichkeit
und die Schrift zwei fest aneinandergebundene Korrelate bilden
, so daß er, wenn ihm einer dieser zwei Komplexe bekannt wird,
er sofort das dazu gehörige Korrelat wie mit einer Gleichung findet.
Zeigt man ihm die Schrift, so erfaßt er sofort die dazu gehörige Persönlichkeit
; zeigt man ihm die Person, so hat er sofort das Bild, der
Schrift vor sich und kann es imitieren.


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