Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 486
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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486 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 8. Heft. (August 1925.)

es sieh um ein Musikdrama, das mit einer geringen Anzahl äußerer
Begebenheiten eine größte Fülle innerer, nur mystisch nachzuerlebender
Ereignisse verbindet.

In Beziehung zu dem unerschöpflichen Urgrund alles Werdens,
in dem wie immer ausgedeuteten Gefühl der All-Einheit, sowie in dem
Bewußtsein des in ihm enthaltenen Urgeheimriisses, des Urmysteriums
vom Dasein überhaupt, erlebt der mystische Mensch seine höchste Auswertung
. Darum sind Religion und Mystik in ganz besonderer Weise
versebwistert.

Ist Religion Gemeinschaft des Menschen mit Gott und göttlichen
Dingen, mit dem Ewigen und Unendlichen, so birgt sie in diesem
Wesenszuge, in ihrer Richtung auf übersinnliche Welten schon ein
mystisches, dem reinen Verstandesmenschen unfaßbares Element. So
gesehen, besitzen der religiöse und der mystische Mensch ein gemeinsames
Aufbauprinzip. Gleichwohl tritt im einzelnen die Rolle der
Mystik in den verschiedenen Religionen bald stärker, bald schwächer
hervor, je nach der Eigenart der Träger des religiösen Bewußtseins.

Die neuere Unterscheidung zwischen einem prophetisch-aktiven
und einem mystisch-kontemplativen Typus trifft sicherlich einen gewissen
Tatbestand, wie die Geschichte des Gebetes als der eigentlichen
Seele der Frömmigkeit lehrt. Bei dem ersten Typus waltet die Neigung
vor, die Gottheit mit leidenschaftlichen Flehrufen zu bestürmen
und auf sie einzuwirken. Bei dem zweiten Typus zeigt sich eine größere
Stille und selige Wunschlosigkeit, die sich schließlich in dem einen
Gebetsrufe verdichtet: „Herr, dein Wille geschehel;\ Daneben aber
gibt es Uebergangsformen, so daß die Unterscheidung mehr typisiert
als auf das völlige und notwendige Fehlen des mystischen Elementes in
dem prophetischen Typus hindeutet. Der Ausruf des Psalmislen:
„Wenn ich nur dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde",
kündet innerhalb des alten Testamentes ebenso von einer mystischen
Schicht des Erlebens der Einheit mit Jahve, wie etwa der Psalm Bene-
dicite, der alle Teile der Natur durchwandert und zum Lobpreis des
Herrn aufruft. Zutreffend aber bleibt, daß die religiöse Welt des
Alten Testamentes ungleich mystikärmer ist als etwa die Indiens oder
des Neuen Testamentes.

Die ältesten heiligen Schriften vom Ufer, des Ganges, die Upani-
schads und Veden sind durchzogen von dem Grundton der Einheit
des Brahma, des Urwesens, mit dem sich Eins zu wissen als des Menschen
höchste Bestimmung gilt. Das indische tat twam asi — „Das
bist du'' — vollzieht die praktische Anwendung im Sinne der Erkenntnis
der Wesensgleichheit alles Lebendigen und der daraus abgeleiteten
Folgerung, das Schicksal des anderen Lebewesens als das eigene
anzusehen, darum Gewalttätigkeit und Töten zu vermeiden, an ihre
Stelle opferbereites Mitleid treten zu lassen.

Je nach dem Gegenstande, dem die mystische Vereinigung und
schauende Erkenntnis gilt, ergeben sich verschiedene Formen der Mystik


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