Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 552
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0560
552 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 9. Heft. (September 1925.)

auf die Arme der Herren Sünner und Bruck gleiten zu lassen, mit deren
Händen sie festgehalten wurde. Gerade das Aufstehen und die Zuckungen
sprechen dafür, weil in dieser Situation die Reifen natürlich sehr leicht
von ihren Armen heruntergleiten, während, wenn Frau V. sitzen blieb, sie
nicht imstande war, die Reifen von ihren Armen auf die der Herren Sünner
und Bruck gleiten zu lassen."

Auf Seite 42 oben schreibt er weiter:

„Man wird vielleicht noch fragen, wo hatte denn Frau V. die Reifen
vorher? Sie konnte sie erstens am Tisch befestigt haben, an ihrem Platz,
zweitens an irgendeinem Teil ihrer Kleidung

Der Privatkläger ist der Ansicht, daß der Angeklagte nicht nur formal
beleidigende Ausdrücke gebraucht, sondern auch nicht erweislich wahre
Tatsachen behauptet habe, die seine Ehefrau verächtlich zu machen und
in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet seien.

Die scharfe Kritik des Angeklagten richtet sich im wesentlichen gegen
die Teilnehmer dieser Sitzung (Kontrollpersonen) bzw. gegen die angebliche
Uebung okkultistischer Kreise, derartige Sitzungen nicht mit der notwendigen
wissenschaftlichen Objektivität abzuhalten. Der Angeklagte gebraucht
zwar in dem fraglichen Kapitel nicht ausdrücklich die Worte „Betrug" oder
„Täuschung". Aber dem Medium, also der Ehefrau des Privatklägers, unterstellt
er tatsächlich, die Sitzungsteilnehmer durch Manipulationen getäuscht
zu haben. Frau Rudloff-Vollhart glaubt, übernatürliche Kräfte zu besitzen
und das hier in Frage stehende Reifenphänomen unter Benutzung dieser
Kräfte erzeugt zu haben. Demgegenüber nimmt der Angeklagte an, sie
habe die Reifen durch Manipulationen (Kunstgriffe) auf die Arme der
Herren Sünner und Bruck gebracht, wirft ihr also vor, die Teilnehmer, die
mindestens in der Mehrzahl an ihre übernatürlichen Kräfte glaubten, getäuscht
zu haben. Und es glauben eine ganze Anzahl gerade von gebildeten
Personen an ihre übernatürlichen Kräfte, insbesondere Dr. Schwab, der ein
ganzes Buch, das oben erwähnte, über seine Versuche mit Frau Rudloff-
Vollhart geschrieben hat.

Der Angeklagte sagt nicht nur, eskönnte eine derartige Täuschung
möglich sein, sondern er sagt auch Seite 37, „das war offenbar der Augenblick
, wo sie die Reifen auf ihren eigenen Arm schob."

1 Auf Seite 38: „Sünner hat noch nicht einmal bemerkt, wie der Reifen
durch Manipulationen . . . auf seinen Arm geschoben w u r d e."

[ : Er wirft der Frau Rudioff also eine Tatsache vor, nämlich eine
Täuschung der Sitzungsteilnehmer und damit der Wissenschaft. Diese Tatsache
ist selbstverständlich geeignet, Frau Rudioff in der öffentlichen
Meinung herabzusetzen. Sie wird auf eine Stufe gestellt, mit der Anzahl
der im Laufe, der Jahre bereits entlarvten angeblichen Medien, die natürlich
mehr oder weniger als Schwindler angesehen und bezeichnet werden;
Der Angeklagte hat die Tatsache behauptet, indem er sie teils als positiv
vorliegend bezeichnet, zum Teil, z. B. auf Seite 41, als seine Ueberzeugung
ausgibt. Er läßt auch erkennen, auf wen sich seine Aeußerungen beziehen:
in dem Absätze vor dem Protokoll auf Seite 37 sagt er ausdrücklich, das
Medium ist Frau Vollhart (Pseudonym). Er nennt*den Namen dann noch
öfter, so auf Seite 37 Anm„ Seite 41 Anm.

Es fragt sich nun, ob diese Behauptung der Täuschung erweislich
wahr im Sinne des § 186 StrGB. ist. Die Wissenschaft steht im allgemeinen
auf dem Standpunkt, daß eine Tatsache, die den bisher bekannten Normen
und naturwissenschaftlichen Gesetzen widerspricht, wie der Okkultismus,
solange als nicht existent angesehen wird, bis nicht von ihren Vertretern
der strikte Beweis der Wahrheit geführt wird.

Im Strafverfahren kommt es dagegen darauf an, dem Angeklagten
seine Schuld nachzuweisen. Dabei ist der Gegensatz der §§ 186 und 187
zu beachten. Während § 187 eine objektiv unwahre Tatsache fordert, ist
im Falle des § 186 genügend, daß die behauptete Tatsache nicht erweislich
wahr ist. Das Gericht hat also nicht zu untersuchen, ob eine Täuschung
tatsächlich vorgelegen hat, sondern auf Grund der vorhandenen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1925/0560