Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
52. Jahrgang.1925
Seite: 682
(PDF, 206 MB)
Bibliographische Information
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682 Psychische Studien. LH. Jahrgang. 11. Heft. (November 1925.)

daß man meint, Verstand und Vernunft seien ausschließlich Fähigkeiten
der menschlichen, bewußten Seele, speziell des Intellektual-
lebens. Es besteht zwischen ihnen kein gradueller, sondern ein prinzipieller
Unterschied. Einige Sätze sollen Wagners Auffassung klarlegen
: Die Domäne des Verstandes ist intellektuelle Orientierung, die
der Vernunft zweckhafte Verwendung des Erkannten. Die Vernünftigkeit
liegt in der Zweckhandiung als solcher, die Verständigkeit in der
richtigen Beurteilung der Mittel zur Zweckerreichung. Die Vernunft
ist Zwecktätigkeit als solche, sie zeigt sich in der Zielstrebigkeit und
kann nur aus sich selbst begriffen werden, darf auch niemals auf die
menschliche Gehirntätigkeit beschränkt werden. Die Wissenschaft überschätzt
den Zufall, der nur bei vereinzelten Gleichzeitigkeiten sowie bei
Geschehnissen ohne Verbindungsglieder vorliegt. Sie ist aber auch dem
Zweckgedanken in der Natur feindlich gesinnt. Wie die Technik des
Menschen nur einen Sonderfall der allgemeinen Naturtechnik darstellt,
so ist auch die menschliche Vernünftigkeit nur ein Sonderfall der allgemeinen
Naturvernunft. Auch Wagner spricht von einem intellektuellen
Größenwahn, unter dem die tiefere Naturauffassung leidet —
schöpferisch ist in der Natur nicht der Verstand, sondern die Vernunft,
Vernunft ist Gesetz des Naturgeschehens. Der Lebenswille ist im
Natur- oder Seinswillen eingeordnet und das Zweckgesetz, die Vernunft
ist das oberste, umfassende Gesetz des Naturgeschehens. . Der
Vernunftbegriff soll uns von doktrinären Schranken befreien.

Diese wenigen Sätze mögen Wagners Auffassung von der Vernunft
in ihrer Einordnung und Aufgabe im Naturgeschehen kennzeichnen.
Das folgende Kapitel: ,,Das ich der Pflanze" zeigt neben seinem
interessanten Inhalt vor allem rein menschlich des Verfassers heiße Liebe
zu allem Lebenden. Er geht aus von dem großen Naturmysterium der
Zeugung, die bei der Pflanze sich im Wesen nicht unterscheidet von
dem bei Mensch und Tier gegebeneu Vorgang. Auch die Pflanze besitzt
eine „Ich-heit", die jeder Körper besitzt, dessen „Ganzheit" sich
in Aktivität gegenüber den Umgebungseinwirkungen behauptet oder
doch zu behaupten i sucht. Die reale „Ich-heit" liegt tiefer als die
Bewußtheit und ist als Naturmysterium vorhanden seit Bestehen alles
organischen Lebens. An Hand der Darstellung des Befruchtungsvorganges
bei niederen Pflanzen — z. B. Moosen — in Wort und Bild,
sucht nun Verfasser das Walten der Naturvernunft aufzuzeigen. Auf
Schritt und Tritt sehen wir Vernunfthandlungen des pflanzlichen Organismus
oder seiner Organe, die mechanistisch einfach nicht erklärt werden
können. Es würde zu weit führen, wenn wir dem Verfasser in
diesem Referat auf seinen verschiedenen Darstellungswegen folgen wollten
— hier ist das Original zum Erfassen unerläßlich. Einige grundlegende
Sätze dieses Abschnittes seien jedoch noch angeführt, soweit
sie sich mit dem uns an dieser Stelle besonders interessierenden ,Seelischen
" befassen. Die Wesenheit des Lebendigen, der Seele, wird immer
unbegreiflich bleiben. Die Seele ist schon in d^n Keimzellen vor der
Vereinigung enthalten. Der Organismus stirbt, die Idee überlebt!
Jeder Organismus ist . ein technisches Museum, ein lebender technischer
Betrieb, doch das innerste Wesen, das schöpft und den Betrieb
erhält bis zur Wiedergeburt durch die Zeugung einer neuen Generation
ist für uns unvorstellbar, übersinnlich, aber nicht übernatürlich. L>er
Tod tritt ein, wenn der plasmatische Lebensapparat unfähig geworden
ist, den Lebenswillen, der weiter bestehen bleibt, zu verkörpern, das
Plasma selbst ist nur ein Werkzeug, durchdrungen vom ^gestaltenden
und erhaltenden Prinzip. Das Leben ist Seelentätigkeit, das Wort
„Seele" stellt jedoch nur einen Hilfsbegriff dar. — Der folgende Satz
des Verfassers zeigt die Verwandtschaft seiner Auffassung mit den Eingangs
erwähnten Forschern besonders deutlich, wenn er nämlich aus-


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