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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1956/0095
der Muttergottes sind in Typus, Proportion, Haltung ähnlich, aber in AVasen-
weiler sind die gleichen Züge, etwa die Haarsträhnen, die sehr kleinen Augen
und Münder, die sehr gewölbte Stirn, die Grübchen in den Wangen noch zierlicher
, spitziger. Ähnliche Züge, wie das stark umeinandergerollte, hochfliegende
Kopftuch sind doch noch etwas schwungloser und gar die Haltung
des Kindes und die Gewandung sind völlig verschieden. Im Wasenweiler
Altar gliedern sich die Figuren ganz in der spätgotischen AVeise durch die
Gewandung mit ihren Faltenzügen, die den Körper weitgehend verdeckt. Eine
stärkere Verwandtschaft zeigen die Gewandformen der Seitenfiguren, etwa
des Bischofs und des hl. Bernhard, die in ähnlicher Weise den Mantel vor dem
Körper schräg nach oben ziehen. Gerade hier findet man auch eine erstaunliche
Gleichheit in der Haltung und Bildung der linken Hand. Wiederum ist
die rechte Hand der Gottesmutter in Wasenweiler ganz ähnlich gestaltet wie
die linke der Locherer-Madonna mit dem rundlichen Handrücken und starken
Gelenken. Einzelheiten, wie die gewellten Säume an der Dalmatik des heiligen
I )iakons und am Mantel des hl. Bernhard und des hl. Martin im Aufsatz oder
das Hervortreten der Waden und Knie als gerundete, von Längsfalten umspielte
Form bei der Muttergottes des Locherer-Altars, den Kaufhausreliefs
und dem Diakon in AVasenweiler sind bis in kleine Züge des Schnitzmessers
hinein verwandt, Avenn wir auch immer in Wasenweiler eine lose Neben-
aneinanderbreitung der Formen und im Locherer-Altar eine zügige Vereinheitlichung
und volle Rundung finden, die eine Entwicklung der Meisterhand
zeigt und uns vermuten läßt, daß ein größerer zeitlicher Abstand (etwa zehn
Jahre, der allgemeinenStilentwicklung entsprechend) zwischen den Werken liegt.

Beide Altäre sind aus Lindenholz geschnitzt, waren ursprünglich uii-
bemalt18, nur die Augensterne und Lippen sind schwarz und rot hervorgehoben
. Diese unbemalten Figuren lassen alle Feinheiten der Schnitzerei
erkennen. Das zeigt sich besonders an den Gesichtern. Bei diesen fällt uns
nun wieder die große Ähnlichkeit mit Antlitzen Riemenschneiderscher Gestalten
auf. Eine Gegenüberstellung der Köpfe des heiligen Bischofs (Abb. 11)
aus denvWasenweiler Altar und des Kopfes der Kilianbüste vom ehemaligen
Domhochaltar in Würzburg19 (Abb. 12) erübrigt jeden Vergleich im einzelnen
. Die Faltenbildungen an den Gewändern in Wasenweiler ähneln stark
denen des Scherenberg-Grabmals und der Würzburger Büsten vom Domhochaltar
, wo auch die Köpfe der Diakone dem Kopf des Diakons in Wasenweiler
besonders verwandt sind. Für die Muttergottes in Wasenweiler finden
wir in Werken Riemenschneiders, etwa den Marien im Landesmuseum
Hannover20 (von ca. 1510) und im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt21

18 Der Locherer-Altar erhielt 1827 einen braunen Ölfarbenanstrich durch Dominikus
Glänz, bei der gründlichen Reinigung und Konservierung des Altars nach 1946
durch Prof. Paul Hübner wurde diese Übermalung beseitigt und der ursprüngliche
Zustand wiederhergestellt.

Der Wasenweiler Altar war ebenfalls im 19. Jahrhundert bunt übermalt worden,
auch er wurde von Prof. Hübner 1955/54 gereinigt und konserviert.

19 Die lebensgroßen Büsten des fränkischen Missionsbischofs Kilian und seiner zwei
Diakone wurden von Riemenschneider 1508—1510 aus Lindenholz geschnitzt. Sie
standen ursprünglich auf dem Hochaltar des Würzburger Domes, kamen in der
Barockzeit in die Neumünsterkirche und sind 1945 verbrannt. Abb. K. Gerstenberg
: Tilman Riemenschneider, 2. Aufl., Wien, 1945, T. 81—84, sowie v. Freeden-
Hege: Tilman Riemensdrneider, München/Berlin, 1954, T. 72.

20 Abb. Gerstenberg. a. a. O.. T. 88.

21 Abb. v. Freeden-Hege, a. a. O., T. 86.

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