Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 30
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Der Freiburger und seine Universität

Von Franz Schneller

Die alte Zäliringerin Freiburg bietet auf dem geräumigen Teller des Münsterplatzes
die flammende Tiara des Heiligen Geistes dem Himmel dar. In
einer Girlande üppiger Kastanien, gegenüber, ihr Großhirn, die Uni, aller Welt.

Die eine schmückt an Feiertagen die gelbweiße Fahne. Die Alberto-
Ludoviciana ihre blauweißblaue. Beide genießen das souveräne Recht, sich
allein zu zeigen.

Den Eingang des Kollegienhauses bewachen, sitzend, die erzenen Gestalten
des ersten bestsellers der europäischen Literatur: Homer. Und die des andern,
der abendländischen Philosophie: Aristoteles. Mit der großen Zehe seines vorgeschobenen
rechten Fußes öffnet er, der katholischen Stadt entgegen kommend
, der mittelalterlichen Theologie das Tor. Tausende von Studenten drängen
sich von früh bis spät zwischen den beiden hindurch zur Brust ihrer Alma
Mater, die nebenbei — in Krisenzeiten auch mal zu ermäßigtem Preis - - eine
bedeutende Manufaktur von Doktorhüten unterhält.

An einer Ecke betrauert die Muse den Frühling der Kinder, die 1914, eine
Blume im Flintenrohr, über die Kaiserstraße den Sturmlauf westwärts begannen
, der vor Ypern und Langemarck - - wir werden es nie vergessen — ein
Ende fand.

Mit ihm ging auch ein Jahrhundert zu Ende.

Danach veränderte sich die Altstadt. Zwischen Martinstor und dem Siegesdenkmal
verflüchtigte sich der roßwarme Duft nach Zirkus. Die leichtwippenden
Victoriawägelchen verdrängte das Auto. Benzindunst schwelt über den Asphalt.
Das Spatzenvolk überließ von nun an den Tauben die wenigen Plätze. Den
Burschen verging die Lust am Singen. Die Mensa paßte sich der mageren
Börse an.

*

Aber zu keiner Zeit büßte die Hochschule an Beliebtheit ein. Wer einmal
hier Student gewesen, gehört zu uns und wir zu ihm. Denn auf das Stichwort
Freiburg fühlen sich beide, wo es auch sei, daheim. Jeder von uns vermag zum
Beweis mit Beispielen aufzuwarten. Bände ließen sich leicht mit Geschichten
füllen. Und weil es schwer fällt, als Freiburger nicht sofort damit zu beginnen,
sei wenigstens, wie die Eingebung es vorschlägt, diese eine erzählt: es war
1915 im Westen. Als Quartiermacher hatte mich der Krieg nach Clery bei
Peronne geschickt, wo mir aufgetragen war, mich beim Ortskommandanten zu
melden, einem alten Husaren, der nun Brot und Granaten fuhr. Schon nach
den ersten Worten erkannte er in mir den Freiburger und schloß mich in sein
Herz. Er ließ mir im Salon, als wär ich der Großherzog, das Bett aufschlagen.
Trug eigenhändig die Stiefel zum Putzen weg. Schickte einen reitenden Boten
mitten in der Nacht nach Hummer und Sekt und entschuldigte sich noch, daß
er weder Kaiserstühler noch saure Nierle wie in Briems Weinstube mir vor-

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