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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 33
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1957/0033
bevorzugte Mutter einer katholischen Verbindung, vom Volksmund „Himmelsdragoner
" genannt, deren Fremdsprache „Rheinisch" sie fließend beherrschte.
Mit ihnen allen blieb sie zeitlebens in Verbindung und hielt sie brieflich über
alles auf dem Laufenden, was sich in Freiburg tat. Darum gab es auch in der
ganzen Altstadt nirgends einen Weihnachtstisch wie bei ihr. Nur einmal unterlief
selbst ihr beim Versand der Wunschzettel eine Fehlleistung, die erst
am 24. Dezember sich erwies. Ein Fehler, den sie weinend angesichts der
langen, zum Biegen mit Geschenken beladenen Tafel mit der Klage eingestand:
„vier Gänse, drei Terrinen Gänseleber, ein Truthahn, fünf Enten, zwei Schinken
und nicht e i n Schäufele. Und grade darauf hab ich mich so gefreut.
WTas soll ich nun am Stefanstag eigentlich essen?"

*

Das große Los für ihren Schatz an Lebenserinnerungen zogen jene Studentenmütter
, die einen „Jubelstudenten" beherbergten. Der erste Treffer fiel
auf den Tausendsten, der an zwei Tagen, am 6. und 7. Juni 1885 in der Sängerhalle
und am Waldsee gefeiert wurde. Er erhielt eine goldene Uhr. Vom Studentenwirt
Karl Krämer für das laufende Semester freies Mittagessen mit
Wein. Die Stadt ehrte ihn mit einem Marktfest. Der 1500. Student, Raimund
Schäfer, stammte aus U.S.A. Sein Fest wurde am 9. Juni 1898, am Geburtstag
des Erbgroßherzogs auf dem Wasserschlößle und in den Waldwegen im Sternwald
gefeiert. Aus dem Brunnen der Anlagen floß AVodanbier der Inselbrauerei.
Dazu sangen die Studenten:

„Zu Freiburg an dem Dreisamstrand
Nimmt das Studieren überhand!
Das kommt just vom Dozieren.
Der flotte Professorenstand
Verleitet zum Studieren."

Entsprechend der Qualität dieser Verse schenkte ihm die Uni ein Majolika-
Tintengeschirr, die Stadt einen Bierkrug.

Zur Immatrikulation des Zweitausendsten, Kurt Polenz aus Nossen, ließ.
Freiburg eine Denkmünze prägen und aus Schwarzwaldholz einen Maßkrug
schnitzen, mit dem sie den Jubilar auf Lebenszeit belastete. Posaunen bliesen
nach allen Richtungen auch den tausendsten Jubelbruder herbei, der, inzwischen
zum beleibten Philister ausgereift, in einer Droschke angefahren kam.
Nach ihm aufgerufen, der 1500. im Auto anbrausend, eben von einer Forschungsreise
in den Anden kommend.

Den dreitausendsten fuhr eine dralle Schwarzwälderin in Tracht im Kinderwagen
an. Nach seiner Amme zu schließen, verhießen die Zeitungen diesem
Hercynen eine kapitale Zukunft. Großes Feuerwerk, ein Festzug und eine
goldene Uhr. Dies am 6. Juli 1911.

*

Bizarr! Kehrten nicht alle einmal wieder in diese Stadt zurück voll Erinnerungen
? Besahen diese, kaum weniger betroffen als einst die Flüchtlinge
ihr Pompej nach dem großen Lavaausbruch ihres Vesuv. Zerstört bis auf ihr
höchstes Zeichen, das Münster, und einige uns liebe Zeugen alter Zeiten. Traumwandler
, die wir waren. Dumpf erwachend. Doch mit Kräften, stark genug,
Trümmer zu durchbluten. Einem Willen, Erinnerungen Gestalt zu geben. Gestalt
, in der die Atmosphäre des Vertrauten wieder Atem holte. AVillens, mit
der uns unentbehrlichen Linienführung der Gassen die Zauberformel wieder

3 Freiburg und seine Universität

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