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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 56
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1957/0056
ten ultravioletten Licht konnte der tatsächliche Erhaltungszustand des Originals
nahezu vollkommen festgestellt werden.

Das Resultat dieser Untersuchung gab den Blick auf das Endergebnis der
Restaurierung und Konservierung frei, ließ dieses schon als gesichert erscheinen
, trotzdem das Original noch von den Übermalungen verdeckt wurde.
Die Originalmalereien Holbeins befinden sich in einem guten Erhaltungszustand
.

Nach sechsstündiger Ultraviolettbestrahlung waren die Schimmelpilze vernichtet
. Die Farbblasen und Farbschollen wurden niedergelegt und befestigt,
ebenfalls der gequollene Malgrund. Mit chemischen Mitteln wurde der zuletzt
aufgestrichene Harzölfirnis aufgeweicht und entfernt, und danach die letzte
Übermalung. Mit ebenfalls eigens für diesen Zweck hergestellten chemischen
Mitteln wurde nun der freiliegende oxydierte Ölfirnis entfernt, danach die erste
Übermalung vom Jahre 1827 und dann der darunter bzw. direkt auf der Originalmalerei
liegende, nicht originale und oxydierte Ölfirnis.

So stufenweise fortschreitend, entfernte ich eine fremde Schicht nach der
anderen, wobei zur ständigen exakten Kontrolle die Lumineszenzanalyse im
filtrierten ultravioletten Licht diente. Erstaunlich ist der gute Zustand der
Originalmalereien: sie haben, seit 1827 zugedeckt, nur wenige riß- und punktförmige
Beschädigungen. Diese habe ich mit eigens für diesen Zweck hergestellten
Farben retuschiert, die Gemälde mit einem geeigneten Firnis zum
Schutz gegen atmosphärische Einflüsse überzogen, die noch tätigen Holzwürmer
vernichtet und das Holz gegen neuen Befall immun gemacht.

Die Rahmen stammen aus dem Jahre 1827 und sind wahrscheinlich getreue
Kopien der bisherigen. Münsterbaumeister Kempf berichtet: „Die Bilder wurden
auch mit einem neuen Rahmenwerk versehen, weil das alte morsch und
vom Wurm zerfressen war, so daß der gänzliche Zerfall befürchtet werden
mußte."

Der Oberried-Altar hat nun ein „neues Gesicht" erhalten. Aber ist in
Wahrheit nicht das Alte dem Betrachter von heute deswegen „neu", weil ihm
die originale Farbigkeit über ein Jahrhundert vorenthalten blieb? Die moderne
Kunstpllege setzt sich nicht nur die Aufgabe, ein Werk vor dem Verfall, vor
Krankheit und Zerstörung zu retten, sondern vielfach an ihm wieder gutzumachen
, was frühere sogenannte Restauratoren an ihm verdorben, zum mindesten
verfälscht haben.

Alle Betrachter und Kunstforscher haben die Gemälde des Oberried-Altars
seit 1827 im verfälschten Zustand gesehen. Einige wenige Beispiele nur mögen
zeigen, wie entstellend vor allem die farbigen Eingriffe waren:

„Anbetung der Hirten": Der rote Mantel des hl. Joseph wurde hellviolett,
der dunkelultramarinblaue Mantel der Maria grünlichpreußischblau mit olivgrünen
Lichtern und die vom hellen gelblichen Licht umflutete Szene der Verkündigung
an die Hirten mit Sepiabraun übermalt. Bei der Übermalung des
Inkarnats wurden, um nur ein Beispiel zu nennen, die Hände der Maria so
verstümmelt, daß von ihrer rechten Hand die ganze untere Partie um vier
Millimeter und der Daumen vollständig zugedeckt wurde.

„Anbetung der Heiligen Drei Könige": Das Ultramarinblau des Himmels
wurde bis dicht an die weißen Wolken mit grünstichigem Preußischblau übermalt
und die schneebedeckten Berge vollständig unsichtbar gemacht. Der kahle
Schädel des knienden Königs erhielt nach oben eine Verlängerung, und das weiße
Gewand des Mohrenkönigs bekam eine grünstichige Ockerfarbe. Die Gewan-

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