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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 158
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hatten nicht einmal darauf besonders geachtet, daß in diesen Vertiefungen
mit der dunklen Erde auch mürbe, gebleichte Gebeine zum Vorschein kamen.

Es war ein Glück, daß tags daraüf, am 1. März 1940, Stefan Unser, der Techniker
des Museums für Ur- und Frühgeschichte in Freiburg, dieses Gelände
abging. Auch er trägt natürlich, sozusagen von Berufs wegen, seine besondere
Brille; sie ist auf alle jene unscheinbaren Dinge eingestellt, die der
Boden als Hinterlassenschaft des Menschen früherer Zeit bewahrt hat, auf
die schwarzen und rötlichen Scherben der Tongefäße, die glatten Feuersteine,
auf helle oder bräunliche Knochen, auf Bodenverfärbungen, die sich von der
Umgebung abzeichnen.

Daß die Vertiefungen, ans denen mit der dunklen Erde die Knochen herausgeschaufelt
worden waren, Gräber seien, erkannte Unser natürlich gleich.
In ihrer Nähe sah er noch einige andere Vierecke sich dunkel vom helleren
Kies abheben. Nun wurde das ganze Gelände planmäßig untersucht. Ein
junger Freiburger Archäologe, Dr. Nierhaus, mußte für jene Wochen seine
Bindung an das klassische Altertum vergessen. Denn einige armselige Scherben
, die in der Füllung jener Gräber gelegen hatten, lehrten, daß es sich hier
um mittelalterliche Funde handeln müsse. In wochenlanger Arbeit barg er
mit Stefan Unser, einigen freiwilligen Helfern und wenigen Arbeitern aus
den benachbarten Dörfern die geringen Funde, einen kleinen Haufen unansehnlicher
Tonscherben, ein paar Nägel und Messerklingen, eine Anzahl
Tierknochen und sonstiges, was kaum der Erwähnung wert erscheint. Mit
dem Fleiß und der Beharrlichkeit, die jede wissenschaftliche Arbeit nun einmal
fordert, gleichviel welcher Erfolg ihr beschieden ist, vermaßen und
zeichneten sie in wochenlanger Arbeit alle Verfärbungen, die sich vom Kies
abhoben, die viereckigen Grundrisse armseliger kleiner Hütten und Hunderte
von Pfostenlöchern, die vom vermoderten Holz dunkel gefärbt waren,
bis ihnen abends die Augen brannten vom Schein der Sommersonne, den der
Kies grell zurückwarf. Schließlich fügte sich alles zum Plan eines längst
abgegangenen Dorfes zusammen, das hier einmal in den Gewannen „Am
Breisacher Weg" und „Spirles Hägle" gestanden hatte. Von ihm hat bisher
keine Urkunde berichtet. Denn daß es die ödung Harthausen gewesen sei,
die 200 bis 300 Meter weiter nordöstlich vermutet wird, ist nicht anzunehmen.

Die letzten Tage dieser Arbeiten waren schon vom Dröhnen der Geschütze
und dem Krachen der Granaten begleitet. Vom 26. Mai an lag französisches
Artilleriefeuer auf der Landstraße zwischen Breisach und Oberrimsingen.
Die Arbeiten am Kampfwagengraben wurden abgebrochen und bald darauf
die Dörfer der vordersten Zone von den Einwohnern geräumt. Am 4. Juni
zogen lange Reihen von Wagen, auf denen bäuerlicher Hausrat aufgestapelt
war, aus den Orten Gündlingen und Oberrimsingen rückwärts. Am 8. Juni
endlich mußten auch die Untersuchungen auf dem abgedeckten Gelände eingestellt
werden. Jetzt war das Bild der Hüttengrundrisse schon ein wenig
anders geworden als in den ersten Frühlingstagen, da sie entdeckt worden
waren. Überallhin hatte der Wind leichte Samen geweht. Einiges fiel auf
den steinigen Boden des Kieses und war nicht aufgegangen. Innerhalb der
Hütten aber sproßte es aus der fruchtbaren dunklen Erde, und sie zeichneten
sich nun als begrünte Flächen vom hellen Kies wiederum ab.

Am 15. Juni überschritten unsere Soldaten den Rhein. Seitdem ist der
Kampfwagengraben ein friedliches Gewässer geworden, in dem sich Wasserpflanzen
angesiedelt haben und an schwülen Sommerabenden die Frösche

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