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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 160
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entwicklung auf und zerfällt zu Pulver. Wird ein Gefäß oder Ziegel, dessen
Ton Kalkstückchen enthält, im Brennofen über 900° erhitzt, so geschieht dasselbe
: die Kalkstückchen verwandeln sich in gebrannten Kalk; nach dem
Erkalten nehmen sie aus der feuchten Luft Wasser auf, dehnen sich dabei
aus und zersprengen das Stück. Schon das häufige Vorkommen von Schneckenhäuschen
im Lehm kann diesen unbrauchbar machen.

Wenn also ein Scherben gefunden wird, der als Mager gut oder zufällige
Beimengung Kalkstein oder Kalkspatstückchen enthält, so weiß man gewiß,
daß er bei einer Temperatur von weniger als 900° gebrannt worden ist. Wäre
er höheren Temperaturen ausgesetzt gewesen, so wäre er nach dem Brennen
alsbald in Sand zerfallen. So haben die Töpfer der damaligen Zeit, indem
sie dieses Mineral unter ihren Ton kneteten, uns auch gleichzeitig das
Maximumthermometer in die Hand gegeben, auf dem wir ablesen können,
welche Temperatur in ihren Brennöfen nicht überschritten wurde.

Einige wenige der Merdinger Scherben ließen erkennen, daß die Hitze des
Ofens jene „kritische" Temperatur nahezu oder für kurze Zeit erreichte. Da
sind die Kalkspate außen von einer kreidig weißen Rinde überzogen, und
nur noch ihr Kern ist klar oder durchscheinend.

Es versteht sich von selbst, daß man Kalk nur dann als Magerungsmittel
benutzen kann, wenn man sicher ist, daß die Temperatur des Ofens nicht
über 900° steigt. Der Töpfer der Gegenwart, der bei 900° brennen will,
benutzt zur Kontrolle die Segerkegel, schlanke, dreiseitige Pyramiden, die
zu schmelzen anfangen, wenn eine gewisse Temperatur überschritten wird.
Er stellt mit dem Brenngut die drei Kegel 011a (880°), 010a (900°) und 09a
(920°) in den Ofen. Ist die Temperatur 900° erreicht, aber nicht überschritten,
so ist der Kegel 011a völlig geschmolzen, 010a umgesunken, so daß seine
Spitze den Boden berührt, und 09a steht noch aufrecht da.

Es war früher, als der Töpfer auf seine Erfahrung über die Menge des
LTolzes, die Stärke des Zuges und die Beobachtung der Glutfarbe im Ofen
angewiesen war, nicht leicht, die zulässige Temperatur einzuhalten. Darum
wurde die Benutzung des Kalkes überall da vermieden, wo Quarz und
quarzhaltige Gesteine (Granit, Porphyr oder Gneis) in ausreichender Menge
vorhanden waren. Man findet daher Kalk als Magcrungsmittel ur- und früh-
geschichtlicher Scherben gar nicht häufig. Ich kenne solche vom Wittnauer
Horn im aargauischen Jura. Dort bildet der Llauptrogenstein den Gipfel des
Bergs, auf dem die durch eine gewaltige Steinmauer geschützte Urnenfelder-
siedlung stand. Hier stecken in den dunklen Scherben auch die kleinen Kalk-
kügelchen, aus denen jenes Gestein wie aus lauter versteinerten Fischrogen
zusammengesetzt ist. Auf einem Kalkberg des badischen Oberlandes, dem
Hagschutz bei Niedereggenen, durchzieht ein Kalkspatgang den Hauptrogenstein
, und die jungsteinzeitlichen Scherben, die man da findet, sind mit dem
zerklopften Kalkspat gemagert.

Die Merdinger Scherben enthalten keine Hauptrogensteinkörner, obwohl
dieses Gestein den Tuniberg größtenteils aufbaut und gar nicht weit vom Brei-
sacher Weg entfernt in großen Steinbrüchen gewiß seit alters gewonnen wird.
Es sind vielmehr durchsichtige Kalkspatstückchen, die hier in der Masse des
Tons stecken. Kalkspat findet sich in Spalten und Klüften als nachträgliche
Ausfüllung in allen Kalkgebirgen, und er zerspringt überall beim Zerklopfen
in die gleichen rhomboedrischen Stückchen. Ihren Ursprungsort ausfindig zu
machen, ist in den meisten Fällen aussichtsloses Bemühen.

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