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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 214
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abstinenzleriscli-pädagogisch davon abhängig macht, Kasperl dürfe kein Bier
mehr trinken ... In dem „Schicksalsdrama" „Kasperl wird reich" war die
Wahrsagerin Frau Moosmaier „a mal a Somnambul und dreiviertel Jahre
beim Doktor Justinus Kerner in Diensten. Da hab ich die Geister alle gelernt;
denn der hat's nur so am Schnürl g'habt." Und diese Geister selbst - was
singen sie, wenn sie nächtlich den Rabenstein umschweben?

Auf und ab schweben wir,
Her und hin, dort und hier;
Weil wir in der Nacht so hupfen,
Haben immer wir den Schnupfen.
Hui, hui . . .

Die Bereiche werden bunt durcheinandergewirbelt; immer legiert eine
gewisse literarische, romantische Ironie die Handlung, die um Kasperl Larifari
kreist. Und trotz allem zeitlosen Spaßmachertmn ist nun auch er jener
biedermeierlich-bürgerlichen Welt eingefügt, die er bekämpft und doch nicht
entbehren kann: „Privatier, Rentier ... wohnhaft im Schneckngaßl Num-
mero 13 über fünf Stiegn hintn naus zu ebener Erd' . . ."8

*

Es war offenkundig, daß eine solche dramatische Welt, die die alte primitive
Rampenhandlung des Jahrmarktspuppentheaters unmöglich machte, künstlerische
Probleme in mannigfacher Hinsicht bot. In Zusammenarbeit mit seiner
Frau Liesel Schück und Ernst V a n o 1 i, der bis zuletzt Schücks Mitspieler
blieb, hat Schück sie schon in der ersten Spielzeit in überraschend sicherer
Weise gelöst. Schück, der 1912 Zeichenlehrer am Freiburger Bertholdsgymna-
sium war, schuf sich seine Puppen selbst, weil ihm die billigen und schematischen
, im Handel erhältlichen Figuren nicht genügten. Von ihnen allen, die er
damals noch in einem eigenen Verfahren aus einer Plartmasse preßte, hat sich
am längsten seine Kasperlfigur gehalten (Abb. 1 und 2): jene bierfreudig-verschmitzte
Physiognomie mit der dicken Nase und den kleinen Knopfaugen, ein
Gesicht, das ein durchaus eigenständiges Abrücken von dem sonst üblichen,
krummnasigen italienischen PoUcinell bedeutete. Auch eine spätere, geschnitzte
Fassung konnte diesen glücklichen ersten Entwurf kaum noch vervollkommnen
(Abb. 10). Großer Wert wurde ebenfalls schon in den Anfängen auf die Kostümierung
gelegt. Statt der einfachen sackartigen Gewänder der traditionellen
Plandpuppen entstanden an historische Muster angepaßte, stark individualisierte
Kostüme, die farblich genau aufeinander abgestimmt waren. Schück hat
sich zu diesen Fragen, die er sehr ernst nahm, später in einem reizend geschriebenen
Aufsatz geäußert9 — und man würde am liebsten des längeren aus diesen
liebevollen Betrachtungen zitieren: etwa über die Kostüme, die zu ehrsamen
Bürgersfrauen oder zänkischen Weibern, zu Feen, Henkern, „Geistern und
sonstigen Erscheinungen harmloser Art" oder zu „ausländischen Geistern"
passen, oder über den Mangel an Körperpflege, der bei Teufeln leider immer
wieder festzustellen sei und eine borstige und haarige Gewandung rechtfertige.
Wie dabei statt der Verwendung käuflicher Stoffe die Batiktechnik, das Linoldruckverfahren
usw. zur Gewinnung neuer und phantastischer Stoffe beitrug,
wie wochenlang an einem Kostüm gearbeitet wurde - - alle diese Dinge legen

8 Vgl. Franz P o c c i , Sämtliche Kasperlkoniödien, 6 Bände, München, 1921—24.

9 Theodor Schück, Das Kostüm der Handpuppen, in: Das Puppentheater, II, 1925, 49—58.

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