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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0016
ist (Abb. 9)43. Weiter ist die Kasel des sei. Thomas von Biville auf dessen Grab
damit geschmückt (Abb. 10)44. Ein im Domschatz von Sitten erhaltener Stoffrest
ans dem 13. Jahrhundert zeigt es ebenso wie eine aus der gleichen Zeit
stammende Schweizer Bodenfließe (Abb. II)45.

Die ornamentale Verbindung von Burg und Lilie, die wir an der Fußplatte
der Grafenfigur am Freiburger Münster finden, hat also u. E. für die Erklärung
des Sinngehalts des Stadtsiegels keine entscheidende Bedeutung. Doch
hat ein Teil des so allgemein verbreiteten Schmuckmotivs auch auf den Siegelstempel
IV eingewirkt: die dreitürmige Burg. Bekanntlich gehen derartige
Darstellungen in ihren Ursprüngen auf das Motiv der Aurea Roma zurück.
Insbesondere auf den Münzen des 12. und 13. Jahrhunderts finden sich Abbildungen
dieser Art in großer Zahl. Auf Siegeln kommt es besonders früh
im südlichen Europa vor. So nahm es Kastilien, wie wir bereits sahen, in sein
redendes Wappen auf46. Eine ähnliche Darstellung begegnet uns 1212 auf der
sizilianischen Königsbulle Friedrichs IL47 Besondere Verbreitung hat dann die
dreitürmige Burg zunächst in Frankreich, aber später auch in Deutschland
und England durch die LIeirat der Blanka von Kastilien mit König Ludwig
VIII. von Frankreich gefunden. Wir haben bereits gesehen, wie das kombinierte
Wappen dieses Herrscherpaares vor allem durch Textilien zum allgemein
beliebten Schmuckmotiv geworden ist. Wenn nicht schon durch frühere
Münzen, so wird auf diesem Wege auch die Stadtdarstellung mit zwei niedrigen
und einem höheren Mittelturm in Mode gekommen sein. Hier liegt auch
der Grund, weshalb sie in Freiburg verwendet worden ist. Es handelt sich hier
also nicht etwa, wie naive Gemüter vielleicht auch annehmen könnten, um die
Aufnahme des die Stadt schon damals überragenden älteren Münsterturms
in das Siegelbild, sondern einfach um ein Eingehen auf den Zeitgeschmack.
Die Erklärung Hefeies, der das erstaunliche Vorkommen von vier verschiedenen
Siegeln der Stadt Freiburg in verhältnismäßig kurzem Zeitraum vor

« Y. Gay, Glossairo archeologique Bd. I, Paris 1929, S. 113, Abb. 9.

44 Schweizer Archiv f. H eraldik, Bd. 18, 1904, S. 55.

45 Ebd. Jahrg. 1924, S. 95. — Nachträglich wurde mir die Miszelle von H. W e n t z c 1 , Ein silbernes
vergoldetes Kreuz mit vergoldetem Kupferfuß, Zeitschr. d. Vereins f. Lübeckischc Geschichte und
Altertumskunde, ebd. 1940, S. 155—158, zugänglich. W e n t z e 1 macht hier auf den im Lübecker
St.-Annen-Museum aufbewahrten Fuß eines Vortragskreuzes aufmerksam, den er folgendermaßen beschreibt
: „Eine gleichmäßige Rautenfolge von abwechselnd einer heraldischen Lilie und einem Stadttor
bzw. einer abgekürzten Stadtdarstellung überzieht die fast zylindrische Schafthülle wie ein textiles
Muster." Er sagt abschließend nach einer polemischen Auseinandersetzung mit J. Flach, Les afli-
nites francaises de l'Alsace avant Louis XIV et l'iniquite de la Separation de la France, 1915, S. 1061.
und der darauf von Aloys Schulte verfaßten Erwiderungsschrift (s. o. Anm. 42): „Es handelt tatsächlich
sich in allen Fällen um die bourbonische (!) Lilie und den Wappenturm Kastiliens. Seit der
Zeit des Heiligen Ludwig sind diese beiden Wappen so häufig nebeneinander verwendet worden, daß
sie wie auf der Randleiste eines nordfranzösischen Missale der 2. Hälfte des 15. jahrh. in Arras
(G. Graf Vitzthum, Die Pariser Miniaturmalerei, Leipzig 1907, Taf. 27) oder gar als Goldgrundprägung
auf zwei Seiten im Psalter des Heiligen Ludwig (zu Psalm 21,1 „dominus illuminatio inea"
und 68,1 „Salvuni me fac" s. Faksimileausgabe von H. O m o n t , Paris o. J., Taf. 80 u. 85) ein textiles
Muster wurden, ebenso wie bis ins späte 15. Jahrh. mit Lilienrauten gemusterte Stoffe zur Kleidung
der Könige und für die Stoffbehänge ihrer Räume dienten. Nur als bedeutungslos gewordenes modisches
Ornament läßt sich das Vorkommen in völlig übereinstimmender Form aber verschiedener Technik
in Paris, Nordfrankreich, Straßburg, Freiburg und Lübeck erklären". Das von uns oben Ausgeführte
deckt sich völlig mit den Feststellungen von W e n t z e 1. Bei dem Hang des Mittelalters, den
verschiedensten Dingen einen allegorischen Sinn zu unterlegen, ist es natürlich nicht unmöglich, daß
ähnliches auch auf die Musterung von Türmen und Lilien angewandt wurde. Insofern ist also
F. Rörig, Reichssymbolik auf Gotland. Hans. Gesch. Bl., Jahrg. 64, 1940, S. 1 ff. jetzt ders., Wirtschaftskräfte
im Mittelalter, Weimar 1959, S. 526, Anm. 114, und G. Braun von S tum m , L'On-
gine de la fleur de Iis des rois de France du point de vue numismatique, Revue numismatique, 5. Ser.,
Bd. 13, Paris 1951, S. 55, Anm. 12, zuzustimmen. Andrerseits muß aber betont werden, daß es sich zunächst
um ein textiles Modemuster gehandelt hat, das wohl in Einzelfällen allegorisch gedeutet wurde,
aber keinen allgemein bekannten Sinn mehr unterlegt bekommen hat.

40 Schramm, Herrschaftszeichen a. a. O. Bd. III, Tafel 90.

4T O. P o s s e , Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige, Dresden 1909 ff., Bd. V, Taf. 27, Nr. 4._ Vgl.
fonier Sceaux, conserves dans les archives de la ville de Montpellier,
ebd. 1952, S. 29: Siegel des Königs Peter II. von Aragon, Grafen von Barcelona und Herrn von Montpellier
1204.

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