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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0018
erstere stellt den deutschen König als Richter in vollem Ornat mit dem Richt-
schwert und, worauf hier besonders verwiesen sei, Lilienszepter auf dem
Throne sitzend dar. Neben ihm sind die Wappen des Mainzer Erzbischofs und
des Landgrafen von Thüringen sowie zwei schöne sechszackige Sterne angebracht
. Die Umschrift lautet: „Sigillum pacis Thuringiae fratris H. archie-
piscopi Moguntinensis seu vicarii ipsins capitanei pacis et XII conservatores
eius." Das letztere zeigt vor drei aufrechtstehenden Schwertern wiederum
einen großen sechszackigen Stern. Wenn wir abschließend noch auf die Sterne
in den Siegeln der Städte Zofingen und Ulm hinweisen und des mit Sternen
und Lilien geschmückten Schultheißensiegels des Freiburger Johannes Schnewli
gedenken, so ist es doch sehr wahrscheinlich, daß auch die vier Sterne im
Stadtsiegel IV auf die Gerichtshoheit der Stadt hindeuten sollen05.

In die gleiche Richtung führt uns die Würdigung der wichtigsten Neuerung
, die der Freiburger Siegelstempel IV enthält: der unterhalb der Stadtburg
angebrachten stilisierten Lilie. Die Darstellung wirkt zwar, wenn man
gleichzeitige französische Muster zum Vergleich heranzieht, noch etwas altertümlich
und unbeholfen. Aber schon das beweist, daß hier nicht mit der Einwirkung
französischer Vorbilder gerechnet werden darf. Es kann jedoch kein
Zweifel sein, daß wir es hier mit einem Lilienornament zu tun haben. Wir
gelangen damit zu einem sehr schwierig zu lösenden Problem, zu dessen Deutung
wir etwas weiter ausholen müssen. - Die stilisierte Lilie gehört bekanntlich
mit Adler und Löwe zu den beliebtesten Wappenzeichen des Mittelalters56
. Vor allem dadurch, daß die Lilie zum Wappen des kapetingischen
Königshauses von Frankreich geworden ist, hat sie eine außerordentlich weite
Verbreitung gefunden. Eine sehr umfangreiche Literatur hat sich darum

Amtssiegel a. a. O., S. 38 ff.; Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte
, Bd. III, Zürich 1955, S. 362 f., Taf. XX, Nr. 1: Siegel des Ritters Ulrich von Büttikon 1256
(erwähnt als Schiedsrichter Fontes rerum Bernensium, Bd. II, Bern 1877, S. 433); UB
Zürich, Siegel, Lief. 5, Taf. II, Nr. 11 u. 12: Graf Manegold von Nellenburg 1277, Graf Heinrich
von Alten-Veringen 1272; F. Gull, Die Grafen von Montl'ort-Werdenberg-Heiligenberg, Schweizer
Archiv für Heraldik, Bd. 5, 1891, Beiheft S. 30: Graf Hugo III. v. Werdenberg-Heiligenbcrg 1310,
Verf. Bemerkt dazu: „Der Stern ist wohl nicht zufällig, sondern wird auf irgendeine politische oder
kirchliche Stellung des Grafen zurückzuführen sein"; Seyler, Geschichte der Heraldik a. a. O.,
S. 121, Abb. 95: Rennehart Herr von Etendorf 1319, das Siegel des Reichsministerialen Friedrich v.
Etendorf enthält noch die Lilie, vgl. Seyler, Geschichte der Heraldik a. a. O., S. 113, Abb. 75;
Genealogisches Handbuch Schweizer Geschichte a. a. O. I., Taf. X, Nr. 11:
Grafen von Neuchätel. Lilie und Stern zu gleicher Zeit enthalten: UB Zürich, Siegel, Lief. 5,
Taf. IV, Nr. 38: Freiherr Jakob von Wessenberg 1280; H e f e 1 e , Freiburger UB, Bd. III, Siegeltafel
19, Nr. 149: Schultheiflensiegel des Johann Sneweli. — Stern und Lilie scheinen demnach einen verwandten
Sinn gehabt zu haben, wie sich denn bei verschiedenen der genannten Familien Stern und
Lilie miteinander abwechseln können. Auch auf den Siegeln von Geistlichen, die richterliche Funktionen
als Archidiakone, üffiziale usw. ausübten, scheinen Sterne gelegentlich solche Gerichtsbarkeit
zu symbolisieren. Vgl. z. B. Corpus sigillorum N c e r 1 a n d i c o r u m a. a. O. I, PI. 8.
Nr. 45 u. 55: Offizialat von Utrecht.

55 Zürich: Largiader, Die Entwicklung des Zürcher Siegels a. a. O., S. 581 ff. Bereits der Zürcher
Stempel Nr. 2 zeigt Mond und Stern über den dargestellten Stadtheiligen. Hier könnte man allerdings
auch daran denken, daß der Himmel symbolisiert werden sollte, in den die heiligen Märtyrer
Aufnahme gefunden hatten. Zofingen: Genealogisches Handbuch zur Schweizer
Geschichte a. a. O., Bd. I, Taf. V, Nr. 4. Das Siegel enthält den Wappenschild der Stadtherren
, der Grafen von Froburg, das von zwei Sternen begleitet wird.

50 Die stilisierten Lilien vor allem auf den Siegeln des 13. und 14. Jahrhunderts haben bereits mehrfach
die Aufmerksamkeit von Forschern auf sich gezogen. Früher sah man sie gern als Füllsel, Beizeichen
oder eine Art von Damaszierung an (z. B. Jahrbuch d. heraldisch-genealo-
g i s c h e n Vereins Adler in Wien. IX. Jahrgang, ebd. 1882, S. 94; E. Kurz, Einiges über
das Ulmer Stadtwappen, Ulmische Blätter, Monatsbeilage z. Ulmer Tageblatt, 3. Jahrgang, Nr. 3 v.
3. März 1927. Auf dem richtigen Wege befanden sich schon F. Gull, Die Grafen von Monlfort-Wcr-
denberg-Heiligenberg a. a. O., S. 24 f.; Schweizer Archiv f. Heraldik, Jahrgang 1892,
S. 18; UB Zürich Siegelabbildungen Text z. Lief. III, S. 2). Übrigens kann auch das Wappcnbild im
Siegelfeld ohne Schild neben dem Wappenschild erscheinen, wie das Siegel des Pfalzgrafen Eberhard
des Scherers von Tübingen von 1295 beweist (Seyler, Geschichte der Heraldik a. a. O., S. 120,
Abb. 94). Ebenso kann aber auch das auf dem Siegel neben dem Wappen angebrachte Sinnzeichen in
das eigentliche Wappen aufgenommen werden. So belegt der Graf Hugo von Montfort-Werdenberg
1267 sein in einem Schild angebrachtes Familienwappen, die ..Kirchenfahne", mit drei Lilien (s. u. S. 55,
Aiim. 114, Abb. 27).

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