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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0022
Indem wir uns dieser jetzt zuwenden, müssen wir zuerst feststellen, daß
auch hier am Ausgangspunkt mancherlei Verbindungen mit der Bibelallego-
rese bestanden haben. Trotzdem hat die Entwicklung hier vom religiösen
Bezug zn einem überwiegend weltlichen Sinngehalt geführt. Im Alten
Testament werden verschiedentlich Geräte und Gebäude erwähnt, die mit
einem „opus modum Ii Iii" geziert waren00. Die Forschungen von Schramm
haben nun gezeigt, wie etwa bei der Krone der Herrscher und ihren Gewändern
im Mittelalter die Vorbilder der Bibel beobachtet worden sind. Insbesondere
die Einwirkung der Kleidung des Hohepriesters auf den Ornat der deutschen
Kaiser und Könige kann deutlich erwiesen werden. Es ist also nicht
verwunderlich, wenn man dieses biblische „opus modum lilii" ebenfalls aufgriff
, zumal das schon längst bekannte lilienartige Ornament verschiedenartige
Anknüpfungsmöglichkeiten ergab. Bereits in einem Brief Papst Gregors
des Großen vom Jahre 591 ist von den lilienartigen Verzierungen der Kronen
die Rede. Und die bildlichen Zeugnisse erweisen das Vorhandensein derartiger
Kronen bereits unter Karl dem Kahlen70. Eine Kinderkrone Ottos III., die
heute ein Marienreliquiar des Essener Münsters ziert, bietet ein gutes Beispiel
dafür, wie solche Kronen aussahen (Abb. 12)71. Auch die in den Saliergräbern
des Speyrer Doms gefundenen Grabkronen zeigen diese Lilienorna-
mentik72. Seitdem hat sich dieses Ornament zu einem der beliebtesten der
verschiedenen Herrscherkronen entwickelt, so daß seit dem Hochmittelalter
eine Vielzahl der erhaltenen deutschen und außerdeutschen Stücke damit verziert
worden ist73.

Noch wichtiger für die hier aufzudeckenden Zusammenhänge wurde es
allerdings, daß auch der als ursprünglich germanisches Herrschaftszeichen
erheblich ältere Herrscherstab, das königliche Szepter, von der Liliensymbolik
bereits in verhältnismäßig früher Zeit ergriffen wurde. Dafür liegt schon eine
eindeutige Nachricht aus dem 9. Jahrhundert vor. Sedulius Scottus läßt nämlich
damals in einem Gedickt Lilie und Rose um den Vorrang streiten. Der
Frühling entscheidet diesen Streit zwischen der dornigen und stolzen Rose
und der jungfräulichen Lilie. Da sie beide aus der gleichen Erde hervorgegangen
seien, soll die Rose über die Erde strahlen, „regia sed nitides domi-
nentur lilia sceptris"74. Ist hier der Bezug zur religiösen Allegorese noch spürbar
, so wird aber auch bereits die Verbindung mit dem königlichen Szepter
hergestellt. In der Tat findet sich wieder unter Karl dem Kahlen zuerst nachweisbar
die Lilie auf dem Herrscherstab75. Seitdem wurde sie immer häufiger
und klarer erkennbar an dieser Stelle verwendet. Damit war eine Verbindung
mit einem der wichtigsten und ältesten LIerrschaftszeichen erreicht. Die Entwicklung
des Herrschaftsstabes, der in Kurz- und Langform gleichzeitig
nebeneinander oder einzeln auftreten konnte, darf uns hier nicht ausführlicher
interessieren71'. Hervorgehoben sei an dieser Stelle nur, daß in ihm
Herrschaftszeichen und Gerichtszeichen eine enge und unlösliche Verbindung

09 S c h r a m m , Herrsehaftszeichen a. a. O., Bd. II, S. 412 ff.

70 Schramm, König von Frankreich a. a. O., S. 208 f. Vgl. auch die Darstellung des Königs David
auf einem Elfenbeinrelief der Metzer Schule (9. Jh.) bei P. E. S c h r a m m , Sphaira, Globus, Reichsapfel
, Stuttgart 1958, S. 59, Taf. 25, Abb. 50.

71 Schra m m , Herrsehaftszeichen a. a. O., Bd. Ii, S. 415, Taf. 45, Abb. 55.

72 Seh r a m m , Herrsehaftszeichen a. a. O., Bd. II, S. 629 f., Taf. 75, Abb. 97 a—e.
T3 Schra m m , Herrsehaftszeichen a. a. O., Bd. III, S. 1155 (Register).

7-t Schra m m , Herrsehaftszeichen a. a. O., Bd. II, S. 412 — MG Poet. Iat. III, S. 251.
75 S c h c a m m , König von Frankreich a. a. O., S. 210.
7G Schra m m ebd., v. Amira Stab a. a. O., S. 119 f.

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