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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0028
Hassiae" auch sein Siegel91. Von da an führte er nämlich einen Kopf mit langen
Locken, offenbar ein Bild seines Amtsherrn, des Landgrafen von Hessen,
bewinkelt mit drei Lilien. Wer aber noch Bedenken gegen diese Deutung des
Liliensymbols hat, sei anf die bereits von v. Amira und Rörig beigezogenen
Sachsenspiegelillustrationen des 14. Jahrhunderts verwiesen, deren Vorlagen
nach v. Amira noch aus dem 13. Jahrhundert stammen müssen (Abb. 19)92. Die
Zeichner sahen sich hier vor die schwierige Aufgabe gestellt, den juristischabstrakten
Sachgehalt des Eikeschen Werkes in Bildform wiederzugeben. Sie
bewältigten diese Aufgabe, indem sie vielfach auf die Rechtssymbolik ihrer
Zeit zurückgriffen. Uns kann hier nur interessieren, wie sich die Illustratoren
halfen, wenn sie den Richter bei der Wirkung des Rechts- und Königsfriedens
darzustellen hatten. Jedesmal wenn dies zum Ausdruck gebracht werden
sollte, erscheint neben dem Richter die stilisierte Lilie. Damit dürfte der weltliche
Sinngehalt des Liliensymbols mindestens für den Norden und die Mitte
Deutschlands nachgewiesen sein.

Wir können uns nun dem deutschen Südwesten zuwenden und uns hier
nach Belegen für entsprechende Tatbestände umsehen. Wenn wir von den
schwierig zu deutenden Straßburger, Speyrer, Konstanzer und Basler Münzen
zunächst absehen, dann müssen wir uns hier zuerst mit den Siegeln der
Tübinger Pfalzgrafen beschäftigen93. Ais erstes sei das Reitersiegel des Pfalzgrafen
Rudolfs II. von etwa 1224—1228 genannt, das unterhalb des reitenden
Fürsten ganz deutlich eine stilisierte Lilie aufweist (Abb. 20)94. Sehr ähnlich
ist das Siegel des Pfalzgrafen Wilhelms I. von 1244 gestaltet, das im ältesten
Stadtsiegei von Gießen wiederkehrt'1"'. Diese Stadt war damals durch Erbschaft
an die Tübinger Fürsten gekommen und hatte deshalb das Siegelbild
ihres Stadtherrn übernommen. Um eine Erklärung für die Verwendung des
Liliensymbols in diesen Siegeln zu finden, müssen wir uns die staatsrechtliche
Stellung der Siegler etwas deutlicher machen. Verhältnismäßig gut unterrichtet
waren wir bislang nur über die älteren Pfalzgrafen der Karolingerzeit
, die als Leiter der königlichen Gerichte an den Hauptpfalzen des Reiches

91 Kauf m a n n , Studien über Amtssiegel a. a. O., S. 40 f., Abb. 16 u. 17.

92 K. v. A in i r a . Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Schriften des sächs. Komm. f.
Geschichte 6; 29, 1 u. 2, Leipzig 1901 ff., Bd. 1, Einl. S. 27, Bd. II, 1, S. 322 = Bd. I, Taf. 43, 5:
zu Ldr. II, 4, § 1. Vor dem Grafen schwebt die Lilie als Zeichen des Friedens, den er den Parteien
wirkt; Bd. II, 1, S. 443 = Bd. I, Taf. 69, 3 u. 4: zu Ldr. 66 § 1, Zum Zeichen, daß die kaiserliche
Gewalt den alten sächsischen Landfrieden bestätigt hat — die pax antiqua, quam dominus imperator
praeeepit renovari —, zeigt der König auf das vor ihm schwebende Friedenssymbol, die heraldische
Lilie; Bd. II, 1, S. 467 = Bd. 1, Taf. 74, 5 u. 6: zu Ldr. [II, 8. Dali trotz ihres wehrhaften Zweckes
doch an der Burg ein Friede gebrochen werden kann, zeigt das über ihr stehende Friedenssymbol,
die heraldische Lilie; Bd. III. 1, S. 469 = Bd. I, Taf. 73, 2: zu Ldr. III, 9, § 2, Gebrochene Lilie symbolisiert
den Friedensbruch; Bd. II, 2, S. 9 = Bd. I, Taf. 78, 6: zu Ldr. III. 36, § 1. Der Richter wirkt
den Parteien Frieden, symbolisiert durch die Lilie.

'■»- Über die Straßburger Münzen mit Lilien vgl. S. 25, Anm. 84, S. 3S f. Sonst kann man aber diese
verschiedenen Münzen durchaus nicht völlig in Parallele miteinander setzen. In Speyer werden die
auf den Münzen erscheinenden stilisierten Lilien wohl in Beziehung zur Stiftspatronin Maria zu
setzen sein. (P. Joseph, Die Halbbrakteatenfunde von Worms u. Abenheim, Vereinsgabc des
Altertumsvereins zu Worms, Frankfurt 1900, S. 14 f.) In Worms geht dies dagegen schon nicht an. da
dies Stift dem Heiligen Petrus geweiht war (ebd. S. 62 f.). Und in Konstanz ist es wahrscheinlich das
Vorbild der königlichen Münze in Ulm gewesen, das zur Aufnahme symbolisierter Lilien in die
bischöflichen Münzen Anlaß gab. (]. Cahn, Münz- und Geldgeschichte von Konstanz und des Bodenseegebietes
im Mittelalter, Münzgeschichte der im Großherzogtum Baden vereinigten Gebiete I. Heidelberg
1911, S. 93, S. 452, Nr. 47, S. 453, Nr. 57, S. 454, Nr. 63.) In Basel wird die nur selten
verwendete Lilie als Wappenzeichen des Bischofs Johann von Chalons gedeutet. (Meyer, Die
Braktcatcn der Schweiz a. a.O., S. 52 f., Nr. 12 u. 13, Abb. 124.)

94 F. K. (= Fürst Karl zu Hohenlohe- Waldenburg), Siegel der Pfalzgrafcn von Tübingen
, Korrespondenzblatt d. d. Geschichts- u. Altertumsvereine, Jhg. 11, 1865, S. 51, Nr. 5, Tal. I.
Abb. 3.

95 Ebd. S. 51, Nr. 5, Taf. II, Abb. 5 u. 5 a: vgl. Kauf m a n n , Studien über Amtssiegel a. a. O., S. 54
u. Abb. 1; F. K. zu Hohenlohe-Waldenburg, Sphragistischc Aphorismen, Heilbronn 1882
bis 1883, S. J05. hält die Lilie auf dem Siegel des Pfalzgrafen Wilhelm für ein sphragistisehes
Beizeichen.

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