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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0040
Später wurden an Stelle des bisherigen Münzbildes zunächst Adler und dann
Lilien verwendet. Man hat deshalb die These aufgestellt, daß die beiden jüngeren
Bilder aus dem nicht mehr deutlich zu erkennenden Engel herzuleiten
seien (Abb. 36)145. Diese Meinung hat manches für sich, denn an die älteren
Prägungen des 10. und 11. Jahrhunderts wird man kaum noch angeknüpft
haben, da der Zwischenraum zu groß ist. Es bleibt aber noch immer die Möglichkeit
, daß man erneut die Liliensymbolik der Jungfrau herangezogen hat.
Da die Lilienpfennige sich nicht nur lange Zeit der größten Beliebtheit erfreut
haben und von anderen rheinischen Münzen nachgeprägt worden sind, und da
die Lilie sich auf diesem Wege geradezu zu einem zweiten wappenartigen
Zeichen der Stadt Straßburg entwickelt hat. wäre eine erneute Prüfung des
ganzen Fragenkomplexes sehr erwünscht. Ehe dies nicht geschehen ist, vermögen
auch wir hier uns keiner Meinung endgültig anzuschließen.

Um so klarer liegen die Dinge in Ulm. Als Reichsstadt hat es zunächst
einen Adler in Wappen und Siegel geführt. Im Stadtsiegel von 1290 ist rechts
und links vom Adlerkopf ein Stern und eine Lilie gesetzt worden, womit
zweifellos die rechtliche Stellung der Gemeinde unterstrichen werden sollte
(Abb. 37)146. Man knüpfte dabei an die Prägungen der königlichen Münze am
Ort an. Unter Friedrich I. wurden hier Stücke gefertigt, die den thronenden
Herrscher mit Kreuzstab und Reichsapfel wiedergeben. Friedrich II. ließ dann
Münzen herstellen, die zunächst noch den Herrscher auf dem Thron aber mit
Kreuz und Lilie und später nur noch den Königskopf zeigen, der nun von
Stern und Lilie begleitet wird147. Auch der Adler kommt neben dem gekrönten
Kopf bereits in dieser Zeit vor. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß sich
das Siegel von 1290 an diese oder ähnliche Vorbilder gehalten hat. Offenbar
sollte hier das gleiche wie auf den Münzen zum Ausdruck gebracht werden:
Die Herkunft der Münzrechte wie der städtischen Verfassung vom König.

Wir stehen damit am Ende unserer Untersuchung. Es dürfte sich wohl
gezeigt haben, daß auch Siegel und Wappen eine ergiebige Quelle für die
Rechts-, Verfassungs- und Landesgeschichte darstellen. Allerdings lassen sich
hier die Beweise nicht mit mathematischer Sicherheit führen. Aber wo in der
Geschichtswissenschaft ist dies überhaupt der Fall? Um keine falschen Vorstellungen
aufkommen zu lassen, betonen wir abschließend noch einmal, daß
in jedem einzelnen Fall, in dem die Lilie erscheint, festgestellt werden muß,
was sie dort zu bedeuten hat. Wenn zum Beispiel auf den Münzen und dem
Siegel von Fulda drei Lilien abgebildet sind, dann werden sie in diesem Falle
nicht als Rechtswahrzeichen, sondern als Symbole der Stiftheiligen Simplicius,
Faustinus und Beatrix aufzufassen sein148. Auch ist die heraldische Lilie, die

145 Calin, Münz- und Geldgeschichte der Stadt Straßburg a. a. O., S. 26, 36 ff.

H Buchenau, Untersuchungen zu den mittelalterlichen Münzreihen von Pfalz, Mainz, Elsaß,
Hessen, Halle 1925, S. 54 ff.

146 H a s s 1 e r . Die Siegel der Stadt Ulm im Mittelalter, Verhandlungen des Vereins f. Kunst u. Altertümer
in Oberschwaben, Vff, Ulm 1850, S. 48 f.; Ku rz , Einiges über das Ulmer Stadtwappen a. a. O.
— Für die Literaturhinweise habe ich Herrn Oberarchivrat Dr. Huber in Ulm meinen Dank abzustatten
. Erst jetzt wurde mir das Stadtsiegel von Straubing von 1506 bekannt. Es zeigt einen Pflug,
über dem zwei Schildchen mit den bayrischen Wecken schweben. Unter dem Pflug befindet sich eine
stilisierte Lilie. Deutsche Ortswappen, hrsg. v. d. Kaffee-Handels-Gesellschaft Bremen, Zeichnungen
und Text von O. Hupp, Bayern: Kr. Niederbayern Nr. 65; die Kunstdenkmäler von Bayern. Niederbayern
VI: Stadt Straubing, München 1921, S. 11, Fig. 5, ebd. S. 13 die ältere, mir leider nicht
zugängliche Literatur.

147 Cahn. Münz- und Celdgeschichtc von Konstanz und des Bodenseegebietes im Mittelalter a. a. O.,
S. 448, Nr. 222—225, 229, 250, 252.

148 R. Gaettens, Das Geld- und Münzwesen der Abtei Fulda im Mittelalter, Veröffentlichungen des
Fuldaer Geschichtsvereins 34, ebd. 1957, S. 55.

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