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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0069
Menschen dargestellt; offensichtlich hat er trefflich beobachtet, was er auf
Straßen und Gassen sah.

Den Figuren hat Dambacher seine ganze Liebe zugewandt. Ihre Umgebung
, die den großen Rahmen zu füllen hat, ist vergleichsweise nüchtern und
schematisch, behandelt. Der Strich, der sonst der Körperoberfläche folgt, ist
hier kaum variiert, und bei aller Genauigkeit im Aufzählen von Mobiliar
und Requisit sind öde Flächen Wand. Decke oder Fußboden oder langweiliger
Baumschlag nicht vermieden.

Trotz allen diesen Widersprüchen wirkt jedes Blatt Dambachers als geschlossene
Einheit. Keinem ist Originalität abzusprechen, mag auch die oder
jene der Figuren an zeitgenössische Zeichnungen oder Gemälde erinnern,
jedes Blatt wirkt das, was es soll: die Veranschaulichung der Erzählung, zu
der es gehört. Das Anekdotische, das Einmalige einer Situation tritt mächtig
hervor, nur scheinbar überspitzt; liest man den zugehörigen Text, so wird
deutlich, daß Dambacher sich hinsichtlich Handlung und Atmosphäre streng
an das hält, was Hebel erzählt. Umgekehrt hebt er (laut Fußnote) „den zur
bildlichen Darstellung gewählten Moment"32 im Text durch Sperrdruck hervor
. Er malt behaglich aus, setzt passende Umstände, Nebenpersonen und
Interieurs und schildert soziologische Typen und Milieus ganz nebenbei mit,

aber ohne sich je von Gehalt und Absicht der Hebeischen Erzählung
zu entfernen. Was uns heute, die wir knappste illustrative Mittel schätzen,
an Dambachers Bildern vielleicht als ein Zuviel, ein Zusehr, als allzu nachdrücklich
gesagt erscheinen möchte, erweist sich beim Vergleich mit dem
Hebeltext geradezu als eine Umsetzung des Hebeischen „Merke!" ins Zeichnerische
.

Wie verhalten sich Dambachers Blätter nun zu anderen Hebel-Illustrationen
seiner Epoche? Sie stehen für sich. Von den gute 20 Jahre früheren
Stichen eines Benjamin Zix unterscheiden sich die Lithographien Dambachers
im Format und durch das Fehlen jeder klassizistischen Attitüde und Pose;
Dambachers Figuren sind selbst in der Emphase nüchtern. Dies letztere setzt
seine Schöpfungen auch entschieden ab von den Radierungen einer Sophie
Reinhard514; diese sieht romantisch, und das auch noch dort, wo sie ähnliche
[nnenräume wie Dambacher schafft. Der Umrißzeichner Julius Nisle54 ist dem
handfesten Dambacher gegenüber von gekonnter, akademischer Glätte und
schwankt in der Auffassung zwischen Klassizismus und Romantik, wo Dambacher
biedermeierlich bescheiden und natürlich-impulsiv bleibt. Mit den
rund anderthalb Jahrzehnte späteren Lithographien Hans Sigmund Bendels55
mögen die des Rastatter Professors eine gewisse Naivität und Treue in der
Schilderung gemeinsam haben; indessen empfindet Bendel feiner als Dambacher
und steht außerdem künstlerisch etliche Stufen höher.

So erweisen sich Dambachers Blätter als durchaus eigenwillige und eigenständige
Interpretation des Hebeischen „Rheinländischen Hausfreunds" und
als keine schlechte dazu. Es öffnet sich in ihnen ein nüchterner, unprätensiöser
und unverkitschter Weg zu Hebel.

•>z Der Rheinländische Bildcrmann, II. Heft, S. 3.

53 Sophie Reinhard, Malerin und Radiereriii, geb. 1775 in Kirchberg (nach anderen 1778 in Karlsruhe),
gest. 1843 in Karlsruhe. Vgl. Dieffenbacher a. a. O. S. 5—9; Thieme-Becker Bd. 28, Leipzig 1934, S. 129.

Julius Nisle. Illustrator und Modelleur, geb. S. 4. 1812 in Stuttgart: vgl. Dieffenbacher a. a. O. S. 9—12-
Thieme-Becker Bd. 25. Leipzig 1931, S. 484.

55 Hans Sigmund Bendel. Zeichner, Maler und Lithograph, geb. 10. 10. 1814 in Schaffhausen, gest. daselbst
28. II. 1853. Vgl. Dieffenbacher a. a. O. S. 16—19: Thieme-Becker Bd. 3, Leipzig 1909, S. 299.

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