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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0086
den genannten Prinzipien gearbeitet100.
Geöffnete, nägelstarrende Kiste nnd
gänzlich stilisierte Wellen geben örtlichkeit
und Situation wieder, darin
der etwas phantastisch gekleidete,
mit allzu hohem Hut versehene, die
zolleinnehmende Staatsgewalt verkörpernde
Beamte in bedeutender Haltung
seines Amtes waltet. In diesen beiden
Holzschnitten Sporers ist das Kostüm,
wenngleich überbetont, so doch historisch
richtig; andere greifen in diesem
Punkt wohl zu tief ins Rokoko oder
gar ins Mittelalter. Das Zusammenspiel
von Schnitten und Satzspiegel ist musterhaft
schön, und jeder der Schnitte
ist ein plakativ empfundenes kleines
Kunstwerk voll selbständigen Lebens.

Nun aber wieder zu Illustrationen
leichter wirkender Techniken! Im lahre

Wie sich der Zundelfrieder hat beritten gemacht. 19^0 erschienen Z. B. die Zeichnungen

von Peter K 1 e i n s c h ra i d t101 zu
einer kleinformatigen, reizenden Ausgabe der „Biblischen Geschichten". Unter
ihnen sind zwei besonders interessant: Zunächst die alttestamentliche Episode
von Booz (oder Boas) und Ruth102: Hebel beschreibt, wie der reiche Grundbesitzer
Booz auf das Feld zu seinen Schnittern geht, sie begrüßt und dort die
Moabitin beim Ährenlesen trifft. Booz spricht freundlich mit ihr. Wie stellt
Kleinschmidt das dar? Er beschränkt sich auf die Hauptpersonen, die er über-
einandersetzt und so in das schmale Hochformat der Seite einpaßt. Doch entspricht
der äußerlichen Zueinanderordnung die innere durchaus: Ruth, die
Demütige, kniet ährenlesend am Boden, ihr Gesicht zeigt Kummer und Vertrauen
. Booz, selbstsicher und gemächlich übers Feld herwandelnd, ist sorgend
zu der Fremden hinabgeneigt. Noch sind die Gefühle beider ins Allgemeine
gerichtet, auf der einen Seite schlechthin sorglich, karitativ, sozial
verantwortlich, auf der anderen Seite schlechthin gottvertrauend, in überkommener
Gläubigkeit hoffend. Aber schon spielen diese Gefühle auch ins
Persönliche, die Zuneigung des Mannes und der Aufblick der Frau können
auch schon Anzeichen der Liebe sein. Zwei Schicksale sind im Begriff, sich zu
einem zu fügen. All dies ist sehr zart angedeutet und so über das Äußere des
berichtenden Geschehens hinaus auch der menschliche Kern der Geschichte
mit dargestellt. Kleinschmidt hat eine eigentümliche Technik. Der Strich
seiner Rohrfeder ist impulsiv und formt kräftige, gedrungene Gestalten; ihre
Körperlichkeit wird unterstrichen durch zügige, fast unachtsam richtungslose
Schraffur; diese ist indessen so gekonnt gelegt, daß sie mit gleichem Gewicht
wie der skizzenhaft schnelle, oft eckig gebrochene Strich der Konturen an der
Gestaltung des Bildes mitbeteiligt ist, vor allem an der Herstellung der atmo-

100 ebd. S. 21.

101 Peter Kleinschmidt, Maler und Graphiker, geb. 1919 in Heusenstamm, gest. 8. 5. 1956 in Berlin; vgl.
Vollmer Bd. 3, Leipzig 1956, S. 61.

102 j. p. Hebel, Biblische Geschichten, mit Zeichnungen von Peter Kleinschmidt, Bd. 1 u. 2, Berlin 1950,
Bd. 1, S. 109.

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