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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0127
französischen und einer englischen Ausgabe) sind für jeden, der den Band
aufschlägt, eine Freude, für denjenigen aber, der den Schwarzwald nicht
kennt, eine Vorfreude: im nächsten Jahr müßte er kommen. (Das Buch erschien
als 25. der ,.Thorbecke-Bilderbücher aus Süddeutschland".)

Martin Wellmer

Emil Gott: Das erzählerische Erbe. Eine Geschichtensammlung
. Im Auftrag der Emil Gött-Gesellschaft. hrsg. v. Eberhard Meckel, Freiburg
i. Br.: Rombach i960. 148 S., 1 Abb.

Ein halbes Jahrhundert nach Emil Götts Tod (gest. 1908) erscheinen achtzehn
Geschichten dieses oberrheinischen Dichters wieder in einem handlichen
kleinen Band vereinigt. Eberhard Meckel, als Literaturkritiker und Hebel-
Herausgeber ebenso bekannt und ausgewiesen wie als Dichter, hat die Ausgabe
betreut und mit einem Nachwort versehen. Die Liebhaber Götts werden
sich freuen, einige der schönsten Göttschen Erzählungen beisammen zu finden:
Die Sammlung beginnt mit der Nietzsche nachempfundenen allegorischen
Fabel „Die Stadt" und setzt sich mit der Ausarbeitung einer jener Geschichten
fort, die von dem türkischen Weisen oder Narren Nasureddin Chodscha erzählt
werden, — „Was ein guter Rat wert sein kann" — heißt diese Geschichte.
„Ein salomonisches Urteil" ist eine aus einem Wandermotiv entwickelte Anekdote
, die Gött ins alte Paris verlegt; ähnlich läßt er in „Schlitzohrig" einen
gescheiten Reisenden, der sich durch List einen Platz am Kamin der Herberge
verschafft, in Italien seine Klugheit beweisen. Handelt es sich hier um Nachempfundenes
oder Wiedererzähltes, so beginnt nun eine Reihe von Erzählungen
eigener Erfindung oder eigenen Erlebens: „Ein Kuckucksruf" ist eine
rührende Geschichte vom frühen Tod eines kleinen Buben; in „Eines Jägers
letzter Schuß" berichtet ein alter Oberst von einem Jagderlebnis, das ihn als
Jäger mit Herz kennzeichnet; „Rheinfischer", eine impressionistische Studie,
gibt Einblicke in das Fischerleben. „Das Rentier" und „Narrenwitz" sind
gedanklich durchsetzte Berichte, während „Eingeseift" eine rechte Schelmengeschichte
darstellt. „Die Wallfahrt" der Zinken-Marei und der kalten Seppe
ist eine längere Erzählung, in der meisterhaft viel Volkstümliches, Volkstypisches
neben schönen Naturschilderungen vorgelegt wird; hier erfreuen die
herzhafte Sprache des Berichts, die Formulierung urwüchsiger Gespräche und
das Verständnis für naive Religiosität, die mit allerlei Menschlichkeiten
ausgestattet ist. Hübsch sodann die folgende Geschichte „Politisch muß man
sein" vom Laubenwirt und seinem besonderen Gast, dem Apotheker. „Mißgeschick
" ist eine nette Anekdote aus der Welt der Eisenbahner. „Meine Geige und
der Großmutter ihr Geigeboge" gehört zu den liebenswertesten Geschichten
Götts, weil er hier frisch und gradheraus und wohltuend unprätentiös eine Jugenderinnerung
wiedergibt; in Stil und Auffassung ist sie der oben erwähnten
ersten diametral entgegengesetzt. „Die Kammertür" will die epische Erzähl-
kunst des Volkes vorführen und preisen; Gött trifft darin den Volkston sehr
genau und gut, versieht jedoch in einigermaßen störender Weise den Bericht
mit Reflexionen und Urteilen über das Erzählen. Sehr viel knapper, aber im
Vorwurf ähnlich ist die Schlußanekdote von der „Zimmermannsweisheit".

Dem Leser, der auf diese Weise Verschiedenstes aus Götts erzählerischem
Schaffen vereinigt sieht, ist somit die Möglichkeit zu einem richtigen Urteil

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