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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0043
zu bauen, gekommen. Der Vergleich mit verwandten Arten zeigt nämlich, daß
es, besonders in Burgund, eine Fülle von Kirchen gibt, die zwar nicht über dem
Altarraum selbst, sondern über einem Joch, das dem Altarraum vorgelagert
ist, einen Turm aufweisen. Zweifellos ist aber dieses Joch liturgisch eindeutig
noch als zum Altarraum, zum Raum des Klerus und in keiner Weise zum Schiff,
dem Aufenthaltsraum der Gläubigen, zu zählen. Ja in ihm handelt es sich um
den eigentlichen „Chor"1, in dem die den Gottesdienst mit Gesang begleitenden
Kleriker und Sängerknaben Aufstellung nehmen, vor denen der zelebrierende
Priester und seine unmittelbare Assistenz am Altar in dem diesem vorbehaltenen
Raum steht und die Handlungen der Messe vollzieht. Daß nun über dem
Vorjoch ein Turm errichtet ist, kann auch gelegentlich bei uns beobachtet werden
. Eimer und andere sprechen dann gerne von einem „erweiterten Chorturm
" - - man sollte eigentlich nur diesen „Chorturm" nennen, während die
Art, über dem Altarraum selbst den Turm aufzuführen, präzis als „Altarraumturm
" zu bezeichnen wäre —, so wie der Franzose ihn richtig tour chevet
- Chorhauptturm - - nennt. Es hat sich aber der Terminus „Chorturm" schon
so eingebürgert, daß man ihn wohl schlecht umstoßen kann. Nur darf man nicht
diesen über dem Altarraum errichteten Chorturm mit dem Turm über dem
Vorjoch gleichsetzen oder ihn als geringfügige Variante ansehen; denn der über
dem Altar direkt aufsteigende Turm hat ein ganz bestimmtes Verbreitungsgebiet
, das klar von den Zentren des Chor jochturms unterschieden werden mußla.
Soviel kann man schon jetzt aus den dürftigen Zusammenstellungen der „Chortürme
", die heute vorliegen2, entnehmen: der Schwerpunkt des Verbreitungsgebietes
liegt in den Neckar- und Mainlanden, dann auch in
Thüringen; seine Verbreitung greift nur wenig südlich über die Donau hinaus;
in der Schweiz gibt es nur einige auffallende Chorturmlandschaften, so im
Zürichgau und in Graubünden; Chorturmkirchen finden sich im Rheinland soweit
hinunter als der Rhein von Gebirgen begleitet ist, in Mitteldeutschland in
Thüringen, aber wieder nicht in der norddeutschen Tiefebene; auch das
Elsaß kennt diese Chorturmkirchen, Lothringen nur noch wenig; so ist z. B.
die Dorfkirche von Domremy, dem Geburtsort der Pucelle, der Johanna von
Orleans, auch ursprünglich eine Chorturmkirche. Das mittlere, westliche und
südliche Frankreich, auch Burgund, kennen den Chorturm nicht.

Bevor ich nun weiter die durch die Chorturmkirche gestellten Probleme verfolge
, darf ich zunächst den feststellbaren Bestand der Chorturmkirchen im
Breisgau aufweisen. Dabei verbinde ich mit dem Wort „Breisgau" den
alten Begriff, wie er dem Mittelalter geläufig war, wenn es z. B. als Archi-
diakonat „Breisgau" das ganze Land zwischen der Bleich im Norden (der
Grenze des Breisgaus gegen die Ortenau) und dem Hochrhein bei Säckingen
verstand, also das, was wir heute gern als eigene Landschaft empfinden, das
„Markgräflerland", voll und ganz zum Breisgau zählte.

1 vgl. Günter Urban, der Vierungsturm bis zum Ende des romanischen Stils. Diss. phil. Frkft. 1953. Masch.

gedruckter Auszug.

la Die in vieler Hinsicht verdienstvolle Arbeit H. Soehners über die ..Geschichte des Westeinturms im
Abendland" (Diss. phil. München 1944. Masch.) unterscheidet leider gar nicht den Turm über dem Chorjoch
und den über dem Altarraum. Darum dienen seine Angaben in keiner Weise einem klaren Überblick
über den Bestand der Ostturmtypen.

2 Lit. s. O. Schmitt, Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte III (1954) 567—575; zur Umgebung von München
vgl. Lill in „Der Zwiebelturm" II (1947) 284—288, zu Regnitz-Franken die Erlanger phil. Diss. 1940
von Karl Bahmann, Die romanische Kirchenbaukunst in Regnitzfranken. — Die Verbreitungskarte der
Chortürme (Karte 5), die Erich Bachmann in seinem Aufsatz ..Kunstlandschaften im romanischen Klein-
kirchenbau Deutschlands (Zs. des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft VIII [1941] 159—172 bringt, ist
für Südbaden und die Schweiz völlig unbrauchbar. Eine ausgesprochene Chorturmlandschaft, wie die
Ortenau, wartet mit zwei Belegen auf!

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