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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0054
gleichen Weise ist auch die Stadtkirche Kenzingen mit zwei Nebenchor-
türmen geschmückt45. Heute sind auf beiden Seiten die Zugänge von Westen
her vermauert; aber es ist völlig eindeutig, daß sie ursprünglich solche von dem
Schiff der Kirche zugängliche Kapellen in ihren Untergeschossen hatten. Nur
um das Bild abzurunden, darf ich nocli darauf hinweisen, daß ja auch der
merkwürdig in die Kirche hineingezogene Turm der Stadtkirche Burkheim
über einer Seitenkapelle hochgebaut ist46, und daß in dem Erdgeschoß des
breitangelegten Turmes der Klosterkirche von Weitenau, der seitlich steht,
sich sicherlich ein Altar befunden hat47. Hier handelt es sich aber um ein Neben-
chörlein, das mit dem Kirchenraum nur ganz unauffällig verbunden ist und so
wenig Beziehung mehr zu dem Grundgedanken der Chorturmkirche besitzt.

Versucht man nun auch etwas zur Geschichte dieser Chortürme zu
sagen, so dürfte das Ende dieser Bauweise rascher zu greifen sein als ihr Beginn
. Man ist sich heute darüber klar, daß in unseren Gegenden Dorfkirchen
vor 1100 kaum Türme hatten. Der Turmbau dürfte dann mit dem Bau von
Westtürmen eingesetzt haben48. Aber schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts
scheint unsere zweite Form des Turmbaus aufgekommen zu sein. In der Verbindung
von Chor und Turm, diesen ursprünglich selbständigen Bauelementen,
ist die Dorfkirche zum erstenmal schöpferisch geworden49. Diese Art, über dem
Altarraum den Turm hochzubauen, hat sich vielleicht u. a. auch durch gewisse
Ersparnisse empfohlen. Ob dabei die gelegentlich kombinierte Baupflicht des
Zehntherrn für Chor und Turm eine Rolle spielte, sei offen gelassen. Beachtlich
ist, daß wir in Fällen wie in Schopf heim - - wie auch in Burgheim bei Lahr -
sehen, daß eine Apside weggerissen wird, um durch einen Chorturm ersetzt
zu werden. Ich habe nicht den Versuch unternommen, eine zeitliche Gruppierung
der vorhandenen Chortürme vorzunehmen; es würde dies eine genaue
Bauanalyse voraussetzen, die man notwendigerweise den Fachleuten der Architekturgeschichte
überläßt50. Sie geschieht wohl im Zusammenhang einer Gesamtgeschichte
unserer romanischen Kirchtürme, zu der noch viele Voruntersuchungen
fehlen; oft verhüllt ein guter Verputz die Einzelheiten der Mauerstruktur. Man
könnte auch nie allein vom Baucharakter eines, z. B. des obersten Stockwerks
allein ausgehen, da Aufstockungen in Betracht kommen. Doch dürfte soviel klar
sein, daß der ursprüngliche Typ, der doch in den schlichten kleinen Baukörpern,
deren Schiffbreite die Turmbreite nicht oder kaum überragt, gesehen werden
muß, sich bald als überholt erwies. Die wachsenden Dörfer benötigten größere
Kirchen und einem größeren Schiff sollte auch ein größerer Chor entsprechen.
Die Kirchengeschichte interessiert diese Beobachtung besonders unter dem
Blickwinkel der Entwicklung gottesdienstlicher Formen; es ist offenbar auch
eine größere Entfaltung der Liturgie, selbst in der einfachen Landkirche, üblich
geworden, die sich auf den engen Raum eines Turmgeschosses nicht mehr beschränken
konnte. Parallel geht ja das Verlangen, den Chor mehr und mehr in
das Licht hoher Fenster zu tauchen und sie mit der mystischen Glut leuchtender

45 Kunstdenkm. VI S. 159.

46 ebd. S. 78 f.

47 ebd. V S. 198.

48 Jos. Sauer hat in Bad. Heimat X (1923) S. 133 noch einer früheren Entstehung der Chortürme vor den
Westtürmen das Wort geredet, später aber (Oberrh. Kunst VIII [1939] S. 48) in der Erörterung des zeitlichen
Verhältnisses zwischen Ost- und Westtürmen sich nicht mehr entschieden geäußert.

49 s. W. Frh. v. Erffa. Die Dorfkirche als Wehrbau (1937) S. 13.

50 Eine erste zeitliche Gruppierung romanischer Türme gibt L. Leonhards, Frühe Dorfkirchen im alem. Oberrheingebiet
rechts des Rheins. Diss. TH Karlsruhe 1958 (Maschincnschr.)

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