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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0072
einem hügelartigen Sockel. Unter einem Totenschädel windet sich eine scheußliche
Schlange aus dem Boden heraus. Der Corpus des Gekreuzigten kann als
Musterbeispiel Sellingerscher Eigenart gelten: verkrampfte Hände, muskulöse
Arme, athletischer Brustkorb, eingezogener Leib, wildbewegtes Lendentuch mit
seitlich bis unter das Knie fallender Stoffkaskade, das Haupt (ohne Dornenkrone
) zur Seite geneigt, den brechenden Blick zum LIimmel richtend, über der
Schulter eine lockige Haarsträhne. Dieses farblich gefaßte Holzkruzifix wird
bei Trauergottesdiensten zur Zierung der Tumba verwendet. Wie es nach
Merdingen kam, war nicht mehr zu ermitteln. Ist es von den Hinterbliebenen
unseres Bildhauers in der Notzeit zwischen 1781 und 1784 verkauft worden,
gemeinsam mit dem schon beschriebenen Kreuzbild der Merdinger Pfarrkirche?

Es wäre noch ein Wort über die künstlerische Bedeutung der Sellinger-
Kreuze zu sagen. Ohne daß die Liste einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben
wollte, genügen die betrachteten Kruzifixe doch als Grundlage für ein
zusammenfassendes Urteil, für ein Urteil, das mir eigentlich schon vorweggenommen
ist und dem ich nicht widersprechen möchte. Wie das St. Georgener
Friedhofskreuz zeugen auch die anderen stilistisch abhängigen Beispiele von
keinem überragenden Können des Meisters J. B. Sellinger. Wer den wenig originellen
Einfall, ein Rubensbild in Stein und Holz nachzuahmen, mild beurteilen
mag, wird sich jedenfalls an der Ausführung der Einzelheiten stoßen. Was Peter
Paul Rubens mit höchster Meisterschaft zu malen verstand, seine entblößten
Gestalten trotz Muskelanstrengungen „nicht körperschwer, sondern daseinsdicht
"116 erscheinen zu lassen, konnte unserem Bildhauer mit seinen Fähigkeiten
nur schlecht gelingen. Etwas Gezwungenes, Gekünsteltes haftet allen Christusfiguren
an, deren Derbheit im Detail die Schwäche Sellingers aufdeckt und ihn
nicht als Meisterschüler der „Collegia annathomiae" erscheinen läßt. Die wildbewegten
, kräftig gefalteten Lendentücher deuten hingegen auf etwas hin,
dem J. B. Sellinger besonders verfallen war, auf seine Freude an Aufmachung
und Dekoration.

Ein anderer Zweig Sellingerschen Schaffens führt uns zuerst in den nördlichen
Breisgau. Über dem Hauptportal der Pfarrkirche von Oberhausen, Kreis
Emmendingen, grüßt eine Statue des Kirchenpatrons in majestätischer Haltung
zur Straße hin. Auf deren Sockel steht: „S.YDALRICUS", auf dem in die
Turmnische hochgezogenen Podest: „ GEORG FR ANTZ und YRSVLA JEGERIN
1761". Dem tüchtigen Deutschordenspriester Johann Leonhard Weltin117 gebührt
der Dank, daß eine ausführliche Notiz im „Pfarrei- und Anniversarbuch von
Oberhausen"118 unseren Bildhauer Sellinger als Meister der Udalricus-Statue
ausweist: „1761 Den 18. September ist die Statua Lapidea des H.Bischofs und
Kirchenpatrons Udalrici, welche von dem Freiburger Statuario H. Sellinger
verfertigt war, Supra Frontispicium Ecclesiae aufgerichtet und festgesetzt
worden. H. Georg Frantz des Gerichts und Kirchenpfleger allhier ist der Guttäter
, welcher ersagte Statuam in seinen Kosten 30fl rheinisch hat verfertigen
und nachgehends auch aufstellen lassen." Wäre nur diese Udalricus-Skulptur
bekannt, hätte es Sellinger allein damit verdient, als Bildhauer nicht vergessen
zu werden. Den Blick ernst in die Ferne richtend - - Haupt- und Barthaar in

116 H. G. Evers, P. P. Rubens, 1942, S. 132.

Ii? Pfarrer J. L. Weltin von 1739 bis 1778 in Oberhausen. Würdigung in Frbgr. Diözes. Arch., 16. Bd., 1883.

H8 Kenntnis durch Mitteilung von Frau Dr. L. Noack-Heuck, Freiburg. — Wegen Akteneinsicht Verweis des
Pfarramtes Oberhausen an Herrn Rektor Karl Sennin in Emmendingen, dem ich den Wortlaut verdanke
(16. Oktober 1960).

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