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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0074
derber gearbeitet. Im Jahre 1763 „ist der Choraltar denen Herren fasseren Antonio
Schleisser von Marchdorff und Joan. Lanrentio Hummel von Horb a conto
bezahlt worden per 7411 rheinischer wehrung". Jene Altarrenovation unter
„Patre Mauro Loacker Or. Min. Conv. de Monte S. Victoris p.t. parochiae Schlat-
tensis vicario" brachte unserem Meister den Auftrag ein, von dem der Schlatter
Pfarrherr auf dem letzten Blatt seines Kirchenbuches berichtet: „Vor die 2 Statuen
SS. Apollinaris M. Mauri Abb. Pierren Joan. Baptist Sellinger bildhauer in
Freyburg 9 sester Waitzen a 90 xer macht 7 fl 30 xer"119. Beiden Heiligenfiguren
zu eigen sind zerfurchte Gesichter, über die Arme zurückwallende Pluviale
sowie Chorröcke, die sich im Winde bauschen, dabei eigenartige Falten und
hochschlagende Säume zeigend. Der Heilige auf der Evangelienseite hält ein
aufgeschlagenes Buch vor der Brust, derjenige auf der Epistelseite des Altares
erhebt segnend die Rechte. Des letzteren Gesicht umrahmt ein Bart, am Kinn
in zwei Strähnen gedreht, in die auch der von der Oberlippe abwärts gezogene
Schnurrbart mündet. Die etwas zu langen Soutanen stoßen auf dem Boden auf
und erregen im schweren, steifen Stoff ein Spiel kräftiger Falten. Der seltsamen
Verknöpfung der Soutanen sollte ich auch an anderen Arbeiten Sellingers wieder
begegnen. Zwei Reihen großer Knöpfe schließen die Soutanenhälften zusammen
. Um jedes Knopfloch schlingt sich eine Litzenverzierung, an deren
rechteckigem Schlußstück eine kleine Quaste baumelt. Die Statuen an den
Flanken des Schlatter Choraltares offenbaren zwar das Temperament des Bildhauers
, können aber ihren derben Charakter nicht verbergen. Näher betrachtet,
wirkt die dekorative Aufmachung der Gewänder aufdringlich, fast übertrieben,
wohl bewußt dazu benützt, die schwache Wirkung der grob gearbeiteten Gesichter
und Hände zu überspielen. St. Apollinaris und St. Maurus in Schlatt
wie auch die Oberhausener Udalricus-Statue bieten als archivalisch gesicherte
Werke gute Vergleichsmöglichkeiten für die Zuschreibung weiterer Arbeiten,
die auf Grund der Stilmerkmale in die Werkliste J. B. Sellingers eingereiht
werden können.

Zur Ausstattung der Merdinger Pfarrkirche gehört eine Statue des Kirchenpatrons
Remigius, die ohne Zweifel J. B. Sellinger zugeschrieben werden
kann.Der Gemeinderechnung des Jahres 1753120 ist dieDatierung zu entnehmen.
Im Kapitel „Ausgaab Tags gebühren und Zöhrungs Cösten" vermerkte Heimbürg
Antoni Seelinger der Jünger121: „Item denen 4 Knaben, welche die Remigi
Bildnus zu Freyburg abgeholt 1 fl 3 b". Diese Notiz gibt immerhin über Zeitpunkt
und Ort der Entstehung Aufschluß. Daß die Ortsbehörde mit Vogt
Joseph Saladin122 an der Spitze für den Transport der Heiligenfigur nach Merdingen
sorgte, mag nicht nur der Baupflicht der Gemeinde für das Langhaus
der Kirche zuzuschreiben gewesen sein, sondern kann auch mit den verwandtschaftlichen
Verflechtungen des Bildhauers erklärt werden. Nicht ohne Grund
sprach Sellinger am 6. April 1753 vor dem Rat der Stadt Freiburg von den
„benöthigten liebhabern". Ob der Pfarrer oder ein Wohltäter der Kirche den
Auftrag für die Remigius-Statue erteilte, läßt sich nicht mehr ermitteln, jedenfalls
besitzt die Heimatgemeinde Merdingen mit der Skulptur ihres Kirchenpatrons
eine der gelungensten Arbeiten des Bildhauers. 107 cm hoch, 70 cm

H9 Kenntnis durch Mitteilung von H. H. Prof. Dr. H. Ginter, Wittnau. H. H. Pfarrer Dr. Th. Kurrus, Tunsei,
verdanke ich den Wortlaut des Beleges (13. Dezember 1959): Kirchenbuch Schlatt von 1742 an.

120 Gemeindearehiv Merdingen, IV—3, F. 92.

121 Ein Cousin des Bildhauers: 1718—1797, Merdingen.

122 (Ziff. 3) u. (Ziff. 8).

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