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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0075
breit, so steht St. Remigius, die rechte Hand zum Segen erhebend, in ekstatischer
Haltung auf dem 29 cm hohen Sockel, bereit, sich an Fronleichnamstag und
Patrozinium durch die Gassen des Dorfes tragen zu lassen. Unter der Segenshand
der Statue präsentiert ein dicker Putto auf geöffnetem Evangelienbuch
als Attribut des Heiligen ein Salbgefäß, mit dem amdas legendäre Wunder
bei der Taufe des Frankenkönigs Chlodwig erinnert werden soll123. J. B. Sellinger
arbeitete den Merdinger Remigius (Holz, farbig gefaßt) feiner und reicher
als die Bischofsstatuen des Choraltares in Schlatt. Die stilistischen Eigenheiten
zeigen sich aber deutlich ausgeprägt: An der dünnen, vorstehenden Oberlippe
entspringt ein Schnurrbart, der in zwei dicke Korkenzieherlocken des Vollbartes
einmündet; am reichverzierten Pluviale, das schwungvoll über die Unterarme
zurückwallt, fällt an der Rückenpartie eine übermäßig große Quaste besonders
auf; der gebauschte Chorrock geht aus zahllosen Längsfalten in einen wellig
bewegten, breit bestickten Saum über; an der doppelt geknöpften, auf dem
Boden sich stauenden Soutane wieder die Verzierung mit Litzen und Quasten.
Mit der aufwendigen Bearbeitung der Gewänder vermag Bildhauer Sellinger
jedoch nicht über die Derbheit der anatomischen Einzelheiten und die fehlende
Eleganz hinwegzutäuschen.

In der Pfarrkirche zu Kappel im Tal fand ich auf dem Anna-Altar eine
Bischofsstatue, die dem Merdinger Remigius täuschend ähnlich sieht. Ich müßte
wiederholen, was ich über jenen sagte, wenn ich die Kappler Bischofsfigur
beschreiben wollte. In den Maßen ähnlich, zeigt die Bischofsstatue von Kappel,
die als St. Blasius gedeutet wird124, lediglich eine etwas abweichende gröbere
Ausarbeitung und dürftigere Verzierung der Gewänder. Erkennungszeichen
des Heiligen fehlen. Interessant ist, daß die St.-Blasius-Statue auf ihrem Seitenaltar
mit Arbeiten des Wenzinger-Kreises - - so der J. Chr. Wenzinger selber
zugeschriebenen Annaselbdritt125 - - vereint ist. Bedauerlicherweise sucht man
aber vergeblich in den Bauakten der Kirche nach tlinweisen auf die Meister,
die den Skulpturenschmuck der Kappler Nebenaltäre lieferten. Professor Dr.
H. Ginter wies 1954 in seinem Aufsatz über die Pfarrkirche zu Kappel i. T.12C
nach, daß die Deutschordenskommende Freiburg die Hauptlast beim Wiederaufbau
des Kappler Gotteshauses (1746) zu tragen hatte, die beiden Seitenaltäre
jedoch durch wohltätige Stiftungen der Pfarrkinder beschafft worden
seien. Die privaten Stiftungen hinterließen auch in diesem Falle keinen ergiebigen
Eintrag in amtlichen Rechnungen oder Protokollen. Professor Dr.
H. Ginter erwähnte die St.-Blasius-Statue nicht. Meine Ausführungen könnten
deshalb mißverstanden werden. Dem möchte ich vorbeugen, weil ich keinesfalls
aus dem gleichzeitigen Vorkommen von Arbeiten des Wenzinger-Kreises und
Sellingers auf künstlerische Zusammenhänge schließen will. Welche Wünsche
die Skulpturen der einheimischen Künstler zusammengeführt haben, ist nicht
mehr zu ergründen, dessenungeachtet darf den einstigen Wohltätern der Kappler
Pfarrkirche wenigstens dafür gedankt werden, daß die Seitenaltäre eine
günstige Gelegenheit für Vergleiche bieten.

Als Meisterwerk J. B. Sellingers möchte ich die Statue des hl. Johannes
Nepomuk in Bad Krozingen bezeichnen, die auf der Bundesstraßenbrücke über

123 F. v. S. Doye, Heilige und Selige der röm.-kath. Kirche, 1929, 2. Bd., S. 240: Unhaltbare Legende.

124 Mitteilung von Ii. H. Pfarrer J. Gebert, Kappel i. T. (17. Oktober 1960).

125 Augustinermuseum Freiburg, Ausstellung „Joh. Chr. Wenzinger", 1960, Nr. 11, Abb. 10.
120 Freiburger Kath. Kirchenblaü, 10. Oktober 1954 (Nr. 41), S. 698/699.

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