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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0082
als Zierde des Schlußsteines den großen Hoftorbogen geschmückt hatte. Weil die
Gemeinde Merdingen für die vom Tuniberg herabkommenden Fuhrwerke eine
bessere Einfahrt in die Kirchgasse schaffen wollte, kam sie mit der Besitzerin
des Sonnenwirtshauses überein, Tor, Hofmauer und altes Waschhaus abzureißen
und um zwei Meter, abgewinkelt zur Hausflucht, zurückzusetzen138.
Bedauerlicherweise ging bei diesen Baumaßnahmen des Jahres 1911 der Torbogen
des Gasthauses zur Sonne verloren. Die Besitzer retteten aber wenigstens
den Schlußstein mit der Bacchus-Maske, obwohl dieser am neuen Platz nur
wenig Beachtung finden konnte. Unter dem grauen Überstrich schimmert eine
alte, bunte Fassung des Gesichtes durch. Ganz im derben Stil der späten Jahre
gehalten, ist das Bacchus-Gesicht mit dicker Zunge zwischen genießerisch geöffneten
Lippen so sehr dem des Johannes d. T. von Neuershausen ähnlich, daß
die Zuschreibung nicht schwerfällt. Außerdem bedarf es keines besonderen
Hinweises auf das als Auftraggeber in Betracht kommende Sonnenwirtspaar
Franz und Maria Seelinger (Ziff. 8) mehr, um der Zuschreibung mit der verwandtschaftlichen
Beziehung zu Bildhauer Sellinger einen zweiten Ansatzpunkt
zu geben.

Eine andere Arbeit, die Wendelinus-Statue auf dem Stockbrunnen in Merdingen
, zwingt gleichfalls dazu, im einflußreichen Verwandtenkreis Sellingers
den aufzuspüren, der für den Auftrag verantwortlich war. Der Stockbruimen
verdankt seine Entstehung dem vorübergehend in Bombach ansässigen Steinhauer
Andreas Natterer. Dieser fertigte 1739 die Steinhauerarbeiten für die
neue Kirche des Dorfes Merdingen, als Vogt Anton Weber (Ziff. 2) bei ihm den
Brunnen bestellte139. „Meister anteres nater steinhayer zu bombach", wie er
auch genannt wurde, enttäuschte jedoch mit seiner Arbeit, weil der „aufgestellte
Steinerne Stockh Bronen, gleich nach 4 oder 5 Jahren, sowohl durch die fuogen
in dem Booden als durch die aufrecht stehende Schahlen" das Wasser rinnen
ließ140. Darüber sehr verärgert, rief Vogt Joseph Saladin im Jahre 1751 den
Meister Simon Eggerle von Pfaffenweiler herbei, der mit seinen drei Gesellen
(Johann Eggerle, Joseph Anton Feuerstein von Ravensburg und Hans Georg
Stuber von Heiligenzell) den Schaden behob. Erst fünf Jahre später folgte die
Aufstellung der Wendelinus-Statue. Der Stockbrunnen erhielt dadurch das endgültige
Gepräge. In der Merdinger Gemeinderechnung des Jahres 1756 ist unter
„Ausgaab Flandwercks Leüthen bezahlt" eingetragen: „Item dem Dominico
scherrer bildh: wie man die Wendelini bildnus auf den Stockbronen gethan
Trinckgelt gegeben 1 fl 3 b 9 d." Diesem Vermerk entspricht die Jahreszahl 1756
auf der Rückseite des Statuensockels. Die Gemeinderechnung trägt die Unterschriften
„Joseph salladin Vogt" und „frantz Sellinger richter", zwei Namen,
deren enge Beziehung zu Bildhauer Sellinger in Ziff. 3 und 8 besprochen
wurde. Einer von beiden dürfte der Stifter des Brunnenheiligen gewesen sein.
Wichtiger als dies ist die Nennung des Bildhauers Dominikus Scherer, zu jener
Zeit 18 Jahre alt. Sowohl das jugendliche Alter als auch die Überreichung
eines Trinkgeldes weisen Dominikus Scherer als Lehrling aus. In der Merdinger
Kirchenbaurechnung finden sich ähnliche Beispiele. Die Behauptung, daß Dominikus
Scherer ein Schüler J. B. Sellingers gewesen sei, braucht sich nicht allein
auf die Verheiratung Scherers mit Walburga Fränzle (Ziff. 10), einer Nichte

13S Mitteilung von Herrn Wilhelm Saladin sen., Merdingen (24. September 1961).

139 Gemeindearchiv Merdingen, IV—3, F. 92: Rechnung 1739.

140 Gemeindearchiv Merdingen, Altes Protokollbuch: 26. August 1751.

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