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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0105
die manchenorts übliche Geldbeutelwäsche am Stadt- oder Dorfbrunnen
gehört wahrscheinlich hierher42. In der Narrenstadt Kuonis von
Stockach soll die heute gebräuchliche Narrenmesse ehedem am Aschermittwoch
abgehalten worden sein4". Reichhaltig ist das Aschermittwochprogramm
der Jungmannschaft im zürcherischen Städtchen Elgg: nach der um
4 Uhr früh beginnenden Tagwacht versammelt man sich zum Knabenumzug
beim Obertor, um unter den Böllerschüssen der „Aeschlikanone" Hauptmann
und Fahne im Quartier abzuholen. Auch die Erwachsenen haben ihre Aeschi-
gesellschaft, die Schimpf und Ernst in Form von Mahl und Schießübungen
miteinander verbindet44. Neben den Frauen kommt jedenfalls am Aschermittwoch
, genau so wie in unserem Schurtagbrauchtum, auch der Knabenschaft
ihre Rolle zu, wie sich aus den mannigfachen, oft recht derben Hänselbräuchen,
dem „Tunken" und dem Bespritzen mit Wasser ergibt.

III.

Wo haben wir nun den Ursprung gerade des Aschermittwoch-Brauchtums
zu suchen und wie kommt dasselbe bei uns zum Sammelnamen des Schurtags?
Es ist doch mehr als auffällig, daß ein im kirchlichen Leben als Tag der Buße
und der Einkehr gedachtes liturgisches Gebaren so scheinbar unvermittelt in
Lebensfreude und Ausgelassenheit übergeht.

Um den Fragen näherzukommen, wird es gut sein, wenn wir uns etwas
eingehender im kirchlichen Bereich umsehen45. Als feria IV cinerum,
dies cineris et cilicii hat der Aschermittwoch, d. h. der Mittwoch vor dem ersten
Fastensonntag, in der katholischen Liturgie seine ganz besondere Bedeutung.
Seit dem 7. Jahrhundert ist er Beginn der eigentlichen Fastenzeit, daher auch
caput quadragesimae oder caput jejunii. Die öffentlichen Büßer erhielten an
diesem Tage ihr Bußgewand und die geweihte Asche der verbrannten Palmen
des Vorjahres als remedium salubre auf den Kopf gestreut. Dabei zeichnet der
Priester mit den Worten der alttestamentlichen Formel „memento homo quia
pulvis es et in pulverem reverteris" kreuzförmig die Stirn des Bußfertigen.
Mit Verschwinden der öffentlichen Buße blieb der liturgische Brauch in seinen
Grundformen bestehen. Seit der Synode von Benevent 1091 lassen sich Kleriker
und Laien unabhängig von Bußriten Asche aufs Haupt streuen. Angelsächsischer
Einfluß wird dabei vermutet - es mag dahingestellt sein, ob dies zutrifft.
Ganz einheitlich ist das jüngere Brauchtum nicht ausgebildet worden; gelegentlich
findet sich, z. B. in der Diözese Meißen, auch der erste Fastensonntag als
dies cineris. Die Bedeutung, die überall dem liturgischen Brauch beigemessen
wird, erhellt daraus, daß der Aschermittwoch im Officium jedes Fest verdrängt40
.

42 W. Albickcr, Alte Bräuche in Schwerzen, Mein Heimatland 13 (1926), S. 50.

43 A. Fischer, Die Stockacher Fastnacht, Mein Heimatland 1926, S. 57. Zum Aschermittwochbrauchtum
im Hegau vgl. auch das Sonderheft der Zeitschr. Hegau 1/9 (1960) mit zahlreichen Einzelnachrichten.

44 Nach Zeitungsberichten und eigenen Beobachtungen. Obwohl anderer, mehr zünftischer Art, sei auf die
Groppenfastnacht in Gottlieben (Thurgau) hingewiesen, wo am Aschermittwoch der Groppenkönig
(= Fischmeister) im Flecken herumgetragen und im Schloß beschenkt, von den Häusern in der Ortschaft
herab dagegen bespritzt wird. Er trägt als Mantel ein Fischernetz, als Szepter einen Fischerbehren.
Am Abend findet dann ein Mahl statt: Badenia 11 (1862), S. 375.

45 H. Achcls, Art. Aschermittwoch in Herzog-Hauck, Realencyclop, f. Protestant. Theologie
(1896) II, S. 131, f. L. E i s e n h o f e r , Handbuch d. kathol. Liturgik (1952) I, S. 605 ff.

4C M. Buch berger, Lexicon f. Theologie u. Kirche I (1950), Sp. 715. Th. Klauser im Reallexicon
f. Antike u. Christentum I (1950), Sp. 729. P. N. Curti, Volksbrauch u. Volksfrömmigkeit im kathol.
Kirchenjahr (1947), S. 44.

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