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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0107
gelegentlich wird ein anderer Tag des kirchlichen Kalenders zum „Hagelfeiertag
", z. B. das Fest Maria Heimsuchung im Marktflecken Bühlertann bei
Ellwangen oder, wenigstens zeitweilig, der Johannistag in unserem Elzach
selbst55. Es läge nun nahe anzunehmen, daß schauer in seiner übertragenen
Bedeutung an das Memento mori der Aschermittwochliturgie erinnere, wobei
man sich auch auf gelegentliches örtliches Brauchtum beziehen könnte, das den
düsteren Charakter des Aschermittwochs unterstreicht56.

Dem ist aber nicht so. Zwar wird das Wort schauer im Alemannischen bisweilen
zur Form schür, und kann Hagel, Kälte und dergleichen bedeuten57.
Für unseren oberrheinischen Schurtag kommt aber ein weiteres, dem Klang
nach gleichartiges Wort in Betracht, das aus seiner Substantivform schür zum
Tätigkeitswort schüren, schürten, scheuren u. ä. werden und unter schwäbischem
Einfluß wiederum sdiaur lauten kann. Es nimmt die Bedeutung „anschwärzen"
(im buchstäblichen Sinne), „mit Ruß beschmieren" an58. Die sinngemäße Verbindung
mit der am Aschermittwoch dem Kirchgänger auf die Stirn gestreuten
Asche ist offensichtlich50. Damit ist klar geworden, worum es sich bei unserem
Schurtag im Ursprung handelt: er ist der Tag, da man in der
Kirche g'schuret wird. Im volkstümlichen Denken verhaftet sich die
Bestreichung mit Asche stärker als die Todesmahnung der lateinischen
Memento-Formel. Dieses schüren wird im weltlichen Bereich gewissermaßen
fortgesetzt und weitet sich zum Fastnachtsbrauchtum in den uns schon bekannten
Formen und Reichnissen aus.

IV

Jetzt endlich können wir uns, mit sprach- und liturgiegeschichtlichen
Erkenntnissen bewaffnet, an unsere Elzacher Belege heranwagen. Sie
kommen nicht übermäßig zahlreich, aber außerordentlich eindeutig in den
heimischen Quellen vor und passen aufs schönste zu den uns schon bekannten
Nachweisen aus der Schwarzwälder Umgebung.

Der älteste Beleg zum Elzacher Schurtag ist und bleibt vorerst — durchaus
möglich im übrigen, daß sich noch da und dort, etwa in den Gerichtsproto-
kolien des Amtes Elzach60, älteres findet — jene schon von H e r m a n n
E. B u s s e61 angezogene, von ihm infolge irrtümlicher Lesung auf den 23. Juni
datierte Notiz der erst 1639 beginnenden Elzacher Ratsprotokolle vom
2. Juni 1642. Sie lautet in ihrer von zeitgemäßen Konsonantenhäufungen befreiten
Form wie folgt62.

55 Wttbg. ländl. Rechtsquellen I (1910), S. 320 (eingeführt 1609). Für Elzach Ratsprotokoll V, fol. 59, zum
Jahr 1711.

5U Im Kinzigtalgcbiet wurden am Aschermittwoch da und dort „Hungertücher" (weiß vor dem Chor, schwarz
vor Altären und Sakramentenhäuschen) gehängt: Freib. Diöz.-Arch. 19 (1887), S. 114 f., 20 (1889), S. 208.

57 Schweiz. Idiotikon, WB. d. schweizerdtsch. Sprache 8 (1920), Sp. 1205 f.

58 Ebd. Sp. 1208 f.

5'J Mein Züricher Kollege Richard Weiß (t 1962) hat mich freundlicherweise auf den im Prätigau noch
lebendigen Brauch des b'sdiürele hingewiesen, wobei die Burschen die Mädchen am Abend auf der Straße
„in recht massiver Weise" mit Ruß oder Wagenschmiere im Gesicht schwärzen (Brief v. 16. II. 1957). Auch
Weiß hält den Zusammenhang des Brauchs mit dem vorreformatorischen Aschermittwoch für ganz eindeutig.

00 Das Amt Elzach umfaßte die um Elzach liegenden Täler („Stäbe" oder „Vogteien" genannt). Protokollbände
im Bad. General-Landesarchiv.

Gl Siehe oben Anm. 4.

02 Ratsprotok. (im folgenden RP.) I, fol. 79 f. (Stadtarchiv Elzach).

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