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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0043
gesehen, obwohl in ihr - - wie wir wissen - - auch das Stadtgericht bereits seit
längerer Zeit neben dem Rat seine Sitzungen abzuhalten pflegte99. Die neue
obere Ratsstube trat damit an die Stelle oder neben eine kleinere Stube, die
über der eigentlichen Ratsstube ihren Platz gehabt hatte"a. Der gesamte Rathauskomplex
zerfällt also in das 1546—1553 umgebaute eigentliche Rathaus
mit nimm ehr alter und neuer Ratsstube (Abb. 22: A), sowie den damals neuerrichteten
beiden als Gewölbe bezeichneten Archivräumen - - an eine Folterkammer
dachte also niemand - - auf dem sonst von Wirtschaftsgebäuden umgebenen
Ratshof und die am Franziskanerplatz gelegenen Kanzlei (Abb. 22:
B, V, VI, dazu später V und VII), deren Neubau erst etwa 1556 langsam in
Gang kam und sich bis etwa 1561 hinzog100.

Nachdem die ältere bauliche Entwicklung des Rathauskomplexes weitgehend
geklärt worden ist, kann nunmehr die noch ausstehende Lokalisierung
des von 1443 bis 1479 in den Quellen meist als sommerlicher Tagungsort des
Gerichtes vorkommenden Richthauses versucht werden. Daß dieses nicht in
den Häusern der jeweiligen Schultheißen gesucht werden kann, deuteten wir
schon an. Ebenso scheidet dafür unseres Erachtens das Haus des Gerichtsschreibers
aus. Zwar setzt die Tätigkeit dieses in den Quellen mehrfach vorkommenden
Beamten das Vorhandensein einer eigenen Gerichtskanzlei voraus.
Außerdem muß auch das Archiv dieser Behörde irgendwo untergebracht gewesen
sein, denn Ende des 14. Jahrhunderts wird ein „gewelbe von dem
gerichte" erwähnt101. Man muß annehmen, daß Kanzlei und Archiv im Bereich
des Rathauses ihren Platz gehabt haben. Und ebenso möchten wir in
dem eigentlichen Richthaus einen Teil der Rathausanlage sehen. Die in den
Ratsprotokollen von 1557/58 enthaltenen Nachrichten geben nämlich Anlaß zu

!)0 S. oben S. 22 f.

"aDer Kunstmaler C.Schuster (f 1925), der seinerzeit die sogenannte Gerichtslaube zuerst vermessen
hatte (vgl. S. 7), hat später zu dem Werk Freiburg, Die Stadt und ihre Bauten (a. a. O.
S. 453) folgenden Nachtrag gemacht (StA Nachlaß Schuster): „Die neue Ratsstube wurde nicht
neu angelegt. Der unterste Stock, die Gerichtslaube und ihre Nebenräume, stammen den
Bauformen nach aus dem 15., vielleicht sogar aus dem 14. Jahrhundert. Ein eigenes Richthaus
(praetorium) wird im Jahre 1451 zum erstenmal erwähnt. Der Saal im Erdgeschoß zeigt noch
Reste einer Treppe, die nach oben führte. Der obere Stock bestand vielleicht nur aus Fachwerk
oder einem in das Dachwerk eingebauten Raum. Der Reichstag von 1498 wurde wahrscheinlich
in dem unteren Räume abgehalten, da dieser jedenfalls geräumiger war, als irgendein
Raum in dem Vordergebäude gegenüber der Franziskanerkirche, das aus drei verschiedenen,
also ziemlich kleinen Häusern bestand. Der Ratsbeschluß vom 21. 1. 1551 bezog sich auf die
Aufführung eines massiven zweiten Stockes auf der vorhandenen Gerichtslaube und die
Anlage einer Freitreppe. Da, wo diese hinaufführte, wurden die drei vorhandenen Fenster
vermauert, nur die Fensternischen blieben erhalten." Es zeigt sich, daß Schuster, abgesehen
von der falschen Interpretation des unteren Raumes als Gerichtslaube, sich hinsichtlich der
Anlage schon auf dem Wege zur richtigen Deutung befand. Es scheint nicht ausgeschlossen,
daß Geiges, der mit Schuster befreundet war, von ihm manche Anregung erhalten hat.

00 Der Ausbau der Nebenräume zog sich noch bis 1553 hin. Daß diese im übrigen auch in ihrem
unteren Teil als Archiv benutzt wurden, ergibt sich aus StA R. Pr., Bd. 15, Bl. 162 v: „den bau-
herrn befolen, das under cantzley gewelb auch usmachen zu lassen". Gewölbe kann zwar
damals auch den heute üblichen Sinn haben, bedeutet aber um diese Zeit im allgemeinen
Archiv. Im Jahre 1553 entstand auch die noch heute erhaltene hölzerne Einrichtung des oberen
Archivraums, die ein Handwerkszeichen und die Buchstaben B. K. aufweist. Der Verfertiger
war Bartie Kistler, der 1553 April 12 (StA R. Pr., Bd. 15, Bl. 48) mit der Bemerkung „daß er so
langsam mit der arbeit im gewelb umbget" genannt wird. — Wie schon Sauer ganz richtig
betont hat, verdient auch das Archiv, mit dem wir uns an dieser Stelle nur am Rande beschäftigen
können, ganz besonderes Interesse. Ist es doch eine der ganz wenigen aus jener Zeit
im ursprünglichen Zustand erhaltenen Einrichtungen dieser Art (Abb. 24).

01 Vgl. oben S. 37 Anm. 82. — 1542 Okt. 48 heißt es: „dweil . . . das gerichtsschreiberamt von
alters her allwegen zum schultheissen ampt gehört" (StA R. Pr., Bd. 12, Bl. 65).

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