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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0044
der Vermutung, daß es an der Stelle des 138! zum Rathauskomplex hinzuerworbenen
ehemals Mörserschen Hauses gelegen haben könnte (Abb. 22: VII).
Als man nämlich im Jahre 1557 im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau
des östlichen Kanzleiflügels des Rathauses die an der Stelle des ehemals
Mörserschen Hauses gelegenen Baulichkeiten abbrechen und einen Keller an
dieser Stelle neu anlegen wollte, gab es Schwierigkeiten102. Die Grenzmauer
zu dem benachbarten Haus zum Roteneck, das von einem Kürschner bewohn!
wurde und das daher als des „kursners eckheuslein" bezeichnet wurde, drohte
einzustürzen. Bei dieser Gelegenheit wird diese Baustelle und nicht was
hier nicht genug hervorgehoben werden kann - der hintere Ratsstubenbau,
dessen Umbau mit Ausnahme der später eingezogenen Gewölbe in den Heizerstuben
im übrigen bereits im Jahre 1553 abgeschlossen war, ausdrücklich als
Gerichtslaube bezeichnet. Dafür scheint es uns nur die Erklärung zu geben,
daß nach dem Abbruch der älteren Gerichtslaube auf der Kaiser-Joseph-Straße
im Jahre 1443 das Schultheißengericht in das an dieser Stelle neu eingerichtete

2 1557 Nov. 24: „bevolen nach dem fundament der Gerichtslauben graben ze lassen, ob man ain
keller daselbsthin machen mochte, dann aller anzeig nach vor Zeiten auch ein keller alda
gwesen" (StA R. Pr., Bd. 17, Bl. 234); 1558 Febr. 9: „bevolhen den werkleuten und verstendigen
rat zu haben, ob mit usfuerung und machung des kellers under der gerichtslauben furzefaren
sein wolle oder nit, und im falle es mit so grossen costen und darzu mit qefahr des nibels zu
gon sollte, wie angezeigt wird, soll man dessen muessig ston" (ebd. Bl. 293 v); 1550 Febr. 11:
Am Rand Betreff „Cantzleibau". Text dazu: „Die bauherrn haben referiert, das sie sambt den
Werkmeistern gesterigs tags den augenschein under der gerichtslauben, da man keller ze
machen vorhabns gewesen, besichtiget und soviel befunden, das es der gibelmuren halben
gegen des kirschners huse ohne sondern grossen kosten und nachteil nit sein möge, sondern
zu besorgen, das der gibel einfallen wurde. Darauf erkannt, das sie den Keller beruhen und
sonst mit dem bau furfaren sollen" (ebd. Bl. 294); 1558 Okt. 24: „gibel an der canzlei gegen
Hans Hannsers hus" (ebd. Bl. 496 v); 1558 Febr. 16: „Es ist davon geredt, dweil allerlei reden
gond, wo des Kursners eckheuslein an der cantzli nit auch zu der cantzlei gekauft und mit
aufgebaut werde, das ein unform dem ganzen bau pringe, ob mans kaufen und mit aufbauen
solle oder nit" (ebd. Bl. 297). Es kann sich, wie diese Nachrichten zeigen, also nicht um die
sogenannte Gerichtslaube auf dem Rathaushof gehandelt haben. Ganz abgesehen davon, daß
die letzten Arbeiten zur Erneuerung des rückwärtigen Ratsstubengebäudes bereits 1553 beendet
waren, spricht einmal die mehrfache Erwähnung des Kanzleineubaus danecren. Ferner
ist aber auch durch die Erwähnung des Kürschners Hans Hannser, das Haus, dessen Giebel
einzustürzen drohte, als das Haus zum Roteneck festgelegt (val. H. Flamm, Geschichtliche Ortsbeschreibung
der Stadt Freiburg i. Br., Bd. II, ebd. 1903, S. 67). Dieses Haus, das noch heute
in der südlichen Ecke des sogenannten alten Rathauses durch seinen später mit einer Uhr
gezierten Giebel gut erkennbar ist, wurde erst Ende des 16. Jahrhunderts von der Stadt zum
Rathaus hinzugekauft und umgebaut.

Flier haben wir also den einzigen Beleg dafür, daß der Begriff Gerichtslaube auch mit dem
Rathauskomplex in Zusammenhang gebracht wurde. Die Erklärung ergibt sich aus dem oben
Darlegten. Leider gestatten die angeführten Quellen nur Vermutungen über das Aussehen
dieses, später in Anlehnung an das bisherige Bauwerk auf der Kaiser-Joseph-Straße auch als
Gerichtslaube bezeichneten Gebäudeteils. Die Tatsache, daß die ehemals vorhandenen Keller
offenbar zugeschüttet waren, läßt vermuten, daß das Mörsersche Haus in seiner ursprünglichen
Form wüst geworden war, bzw. daß es nicht mehr stand. Vielleicht hatte man an seiner Stelle
wiederum in Anlehnung an die alte Gerichtslaube auf der Kaiser-Joseph-Straße ein leichtes
hallenartiges Bauwerk für die Zwecke des Richthauses erbaut. So würde es sich auch ganz
zwanglos erklären, daß das Richthaus nur während der wärmeren Jahreszeit benutzt wurde,
während man im Winter, wie schon früher, die hinten gelegene Ratsstube weiter für die
Zwecke des Gerichts heranzog. — Keine Beweiskraft für den Nachweis der Gerichtslaube auf
dem Ratshof hat die von Schlippe bei Geiges (Ältestes Rathaus a.a.O. S. 45 Anm. 27) gemachte
Ergänzung. Hier wird aus dem ältesten Archivverzeichnis der Stadt vom Ende des 15. Jahrhunderts
im Copialbuch A (StA U 2, Bl. 17) die Nachricht zitiert, daß außer in den Hahnentürmen
des Münsters und in der Kanzlei beim Ofen auch noch städtische Archivalien „im
vordersten trog üff der louben by der stuben" aufbewahrt wurden. Hier hat aber der Begriff
Laube den schon oben (S. 23) zitierten Sinn Vorplatz, wie der Text ganz deutlich zeigt, wie
aber aus der umgestellten Reihenfolge bei Geiges (Anm. 27) nicht voll deutlich wird. In diesem
Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß auch in Villingen nicht die eigentliche Ratsstube als
Laube oder gar Gerichtslaube bezeichnet wird. Vielmehr heißt hier auch heute noch der große
Vorplatz vor der Ratsstube „Ratslaube" (Revellio a. a. O. S. [6] mit Abb.).

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