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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0135
Die unschuldigen Kinder von Endingen

(sogenannter Christenmord 1462 und Judenverbrennung 1470)

Von Karl Kurrus

1.

In der Pfarrkirche des Kaiserstuhlstädtchens Endingen werden in einem
Glasschrein und in einem Schrank mumifizierte Leichen von zwei Kindern und
zwei Erwachsenen aufbewahrt. Sie erfahren seit rund 500 Jahren Beachtung
und Verehrung. Es soll sich nach den Quellen und Überlieferungen um eine
vierköpfige Familie fahrender Leute handeln, die im Jahre 1462 in Endingen
um Herberge gebeten habe und dann nicht mehr gesehen wurde. Erst acht
Jahre später, als 1470 das Beinhaus beim Kirchhof von St. Peter in Endingen
baufällig wurde, fanden sich vier Leichen ohne Köpfe in den Beinhaufen vergraben
. Man verdächtigte die Juden eines Ritualmordes und folterte sie bis
zum Schuldbekenntnis. Sie wurden verurteilt, durch die Straßen der Stadt
zur Richtstätte, heute noch als „ Judenbuck" bezeichnet, geschleift und dort
verbrannt. Gleichzeitig wurde allen Juden das Betreten der Stadt und des
Bannes Endingen verboten.

Über diese Vorgänge berichteten bisher im wesentlichen Heinrich Schreiber1
nach dem Copialbuch der Stadt Freiburg2, Georg Wolfram3 nach den sechs
Seiten umfassenden Akten des Stadtarchivs Straßburg4, und das „Endinger
Judenspiel", welches Karl von Amira veröffentlichte5.

Angefangen von diesen Veröffentlichungen bis zu den Berichten von Schriftstellern
sowohl jüdischer wie christlicher Herkunft unserer Zeit blieb das
Endinger Geschehen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in mystisches
Dunkel gehüllt.

Das Interesse an der Heimatgeschichte und die Mitverantwortung für die
Wahrheit sind Veranlassung, die Spuren jenes Geschehens zu verfolgen, das
Verhalten des Volkes zu diesem Stück Geschichte aufzuzeigen und, in der

Der Arbeit liegt ein Vortrag zugrunde, der am 6. April 1965 vor dem Breisgau-Geschichtsverein
in Freiburg sowie am 9. und 16. Mai 1965 in Endingen gehalten wurde.

1 „Verhörprotokoll über den Christenmord durch die Juden zu Endingen" im Urkundenbuch der
Stadt Freiburg. 1829 (= FrUB), Band II, S. 520.

2 „Der Juden halben"; Copialbuch U 2, Fol. 23a bis 26a, Pergament, Stadtarchiv Freiburg.

3 „Prozeßakten eines angeblich durch Juden verübten Christenmords zu Endingen"; ZGORh 1887,
N. F. II, S. 313 (= Wolfram).

4 „Interrogatoire de plusieurs juifs d'Endingen, accuses d'avoir assassine quatre chretiens" Nr. 42,
G. II PI. 174, Bd. 136.

5 In der Reihe „Neudrucke deutscher Literaturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts"; Nr. 41,
Halle 1883 (= Amira).

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