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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0146
angedauert hat. Die zwei Kindsleichen, wie die Leichen der Eltern, in einem
besonders dafür zurechtgemachten Schrank auf der rechten Seitenempore
in der Pfarrkirche stehend, sind wohl gleich nach Auffindung im Beinhaus
in die damalige Kirche gekommen. Für die Annahme Kniebühlers, sie
seien mit Erlaubnis des römischen Stuhles in die St.-Peters-Kirche aufgenommen
und zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt worden, kann bisher kein
Beweis erbracht werden. In früheren Zeiten wurde der Schrein mit den Kindern
jährlich in feierlicher Prozession mitgetragen, bis, wohl auf die Anordnungen
unter Joseph IL, dies eingestellt wurde. Die kirchliche Autorität hat,
ohne daß bisher ein Widerspruch erfolgt wäre, die Verehrung der heiligen
unschuldigen Kinder als factum belassen. Nach christlichem Glauben sind die
unschuldigen, noch nicht sündig gewordenen Kinder der ewigen Seligkeit teilhaftig
. So verstehen wir auch, daß gläubige Menschen sie um Fürbitte anrufen.
Beim Nachlaß Heinrich Schreibers48 befindet sich eine Aufzeichnung von gewissen
Wunderdingen, „miracula quaedam", die sich durch die „Fürbitte der
lieben Kindlein und Märtyrer alhie zu Endingen" zugetragen haben sollen. Es
sind 22 Fälle genannt; Hilfe für kranke Kinder, Frauen und Männer. Seit dem
Neubau der Peterskirche (1773) zeigt das Bild des rechten Seitenaltars über
dem Reliquienschrein (s. Abbildung S. 145) den Märtyrer St. Sebastian. Darüber
ein kleines Bild, die unschuldigen Kinder darstellend40. In jüngster Zeit brachten
wiederholt Gruppen von Zigeunern in der Endinger Kirche am Schrein
den unschuldigen Kindern Verehrung und Dank dar. Sie waren davon überzeugt
, daß ihnen ihr Gebet zu den „Fahrenden Leuten" das Leben gerettet hat,
als Rassenwahn und Unrecht regierten.

Am 22. September 1714 wurden in Endingen zu den aus dem 13. und
15. Jahrhundert stammenden Glocken weitere neu gegossen. So auch die große
Glocke „Osanna", mit 152 cm Durchmesser. Sie zeigt, in Relief dargestellt, zwei
Kindlein ohne Haupt mit der Schrift „Die unschuldigen Kindlein"50. Am sogenannten
Endinger Judenhaus, neben dem Judenbrunnen51, war bis 1834
eine Tafel mit acht Gemäldefeldern und Inschrift52 angebracht. Sie stellten
den vermuteten Hergang von der Ankunft der Bettlerfamilie bis zur Verbrennung
der Juden dar. 1614, 1700 und später ist die Tafel renoviert worden.
Die Inschrift begann: Die Mordtat ist in diesem Haus von den Juden vollbracht
, anno 146253.

Wie wir festgestellt haben, wurde die Erinnerung an die Ereignisse um
1462 und 1470 in mannigfacher Weise wach gehalten. Wach blieb aber besonders
die Abneigung, ja der Haß gegen die Juden. In anderen Städten hatten
die Juden wieder Aufnahme gefunden, wenn auch teils nur gegen beträchtliche
Sonderabgaben. Neben Freiburg stemmte sich Endingen am längsten gegen

48 Stadtarchiv Freiburg, Heft „Meistersinger".

49 Die Ausmalung der Kirche stammt von Wilh. Pfunner.

50 Die „Kindiisglocke", wie sie aus diesem Grund im Volksmund heißt, ist mit den übrigen alten
Glocken der katholischen Kirchen Endingens während des zweiten Weltkrieges durch das mannhafte
Eintreten des damaligen Landesforstmeisters Wilhelm Hug seiner Vaterstadt erhalten
Worden.

31 Heißt eigentlich „Wettebrunnen"; 1757 an Stelle eines früheren Brunnens errichtet. Die Überlieferung
hat sich behauptet; der Brunnen wird von den Endingern immer noch „Judenbrunnen"
genannt.

52 Amira, S. 8.

53 Schreiber; Judenspiel, S. 8.

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