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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1973/0120
ihre politischen Verhältnisse, insbesondere die Ausbildung zweier wesentlich verschiedener
Territorien innerhalb des Kreises, des markgräflichen und des habsburgischen, gar keine
Beschreibung erfährt. Im Gegensatz zu dem genannten ist der vorhergehende Beitrag von
Friedrich Kuhn über die Vorgeschichte unproblematisch und ein wenig schulmeisterlich
ausgefallen, mit Abschweifungen in andere Gebiete, doch mit eingehender Kenntnis
der örtlichen Fundplätze. Die Naturlandschaft hat Otto Wittmann, Mitherausgeber
des Buches über den Isteiner Klotz, beschrieben. Drei Beiträge zur Kunstgeschichte liefert
Annemarie Heimann-Schwarzweber. Eingehend behandelt werden von ihr die
Freskenkunst und die Bildhauer- und Holzschnitzarbeiten, während die Bauwerke nur in
einer nach Gemeinden geordneten, sehr verdienstvollen Kunsttopographie eine Berücksichtigung
erfahren. Der dritte Beitrag aus ihrer Feder bringt ein Verzeichnis der im Kreisgebiet
lebenden oder wirkenden bildenden Künstler unseres Jahrhunderts. Leider wird
hier beim Geburtsjahr nicht auch der Geburtsort angegeben. Ein Abschnitt über die Heimatdichtung
(von Wilhelm Zentner) enthält eine vorzügliche knappe Darstellung des
Lebens und Werkes Hebels und eine erfreuliche Würdigung Hermann Burtes. Auch einige
Heimatgeschichtsschreiber werden hier rühmend erwähnt.

Sehr wertvolle Informationen bringen die von mehreren Verfassern gelieferten Abschnitte
über die wirtschaftlichen Verhältnisse in Vergangenheit und Gegenwart. Dabei
muß stellenweise die pessimistische Beurteilung der Gegenwartsverhältnisse in den Berggebieten
, also im Kleinen und im hinteren Großen Wiesental, auffallen. Im letzteren habe
seit 1950 eine Bevölkerungszunahme von nur 7,1 °/o stattgefunden, im übrigen Kreisgebiet
dagegen um 47,5 °/o (Wolf gang Bechtold). Man scheint es demnach für ein Unglück
zu halten, daß oberhalb Schönau sich keine Fabriken aneinanderreihen wie zwischen Weil
und Zell, möglichst auch in den Seitentälern! Dann könnten sich auch hier weitere 40 %
ernähren. Doch die Sorgen um Verbesserung der Lebensbedingungen im Wiesental sind
groß (Erwin Lauterwasser). Es gibt keine Waldarbeiter mehr, also keine Waldpflege
. Doch soll das zu einer Not der Bevölkerung in Parallele gestellt werden? Das Gegenteil
ist richtig. Heute bleibt das Astholz überall liegen, das früher die „armen Leute"
nur allzu gern sich holten. Heute hat niemand das nötig. Die Arbeit im Betrieb oder im
Dienstleistungsgewerbe bringt ein Vielfaches mehr. Jeder Kenner der Verhältnisse weiß,
daß die „Bauern" auch kleinster Gemeinden heute unvergleichlich besser leben als vor
wenigen Jahrzehnten. Und zu den „stagnierenden" Bevölkerungszahlen muß man die Aufenthalte
nicht ständiger „Einwohner" rechnen, die sommers und winters anwesend sind
und einander die Tür in die Hand geben, nicht nur in den größeren „Kurorten". Was das
also bedeuten soll: man müsse dafür sorgen, daß der kleine Landwirt nicht sozial noch
weiter absinkt (Lauterwasser), ist schwer zu verstehen. Was für einzelne gewiß, wie überall
, gelten mag, ist für die Bevölkerung und gerade auch für die Landwirte, die sich sehr
gut neuen Verhältnissen anzupassen verstanden haben, im ganzen gewiß nicht charakteristisch
. Was die Landschaft betrifft, so wird auch hier (Bechtold) die Parole ausgegeben,
die freien Flächen drohten „zu versteppen" (wobei man sich fragt, was man im regenreichen
Gebirge sich wohl vorstellt unter einer „Steppe"). Entlegene Weiden werden aufgeforstet
, in andere dringen sehr anmutige Baumgruppen vor, was kein Schaden zu sein
braucht, denn gleichzeitig wird alter Waldboden in breiten Schneisen ausgestockt, um
Platz für Schiaufzüge („Lifte") zu schaffen. Gerade das Gebiet des hinteren Wiesentals
hat vergleichsweise wenig Wald, und die Angst vor einer „monotonen Waldlandschaft"
(Bechtold) mutet doch merkwürdig an. Was wirklich - und nicht nur im Kreis Lörrach -
fehlt, ist die Säuberung der Forste von Bruchholz und von Astholz, das nach Abfuhr der
Stämme liegen gelassen wird, weil die Arbeit nicht „lohnt": deutlichstes' Zeichen der
Wohlstandsgesellschaft!

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