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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1974/0068
2lies hohl, sagt der fünfte Kaiser Karol) soll die gute Menschenkenntnis des Kaisers
bezeugen, der, auch wenn er der deutschen Sprache nur beschränkt mächtig war,
Charaktere und Fähigkeiten seiner deutschsprachigen Mitarbeiter treffend zu beurteilen
vermochte. Hatte der Hofmarschall die protokollarischen Regeln des Hofzeremoniells
zu handhaben, so wurden vom Gesandten das Verständnis der politischen
Zusammenhänge und die Gabe der Überzeugungskraft erwartet, die er im
Rahmen der ihm schriftlich erteilten Instruktion bei seiner „Werbung" anzuwenden
hatte. Eine Aufzeichnung des Markgrafen Hans gibt die Argumente wieder,
die Böcklin in geordneter Rede und gesetzter Form ihm vortrug, um ihn zur Unterstützung
des Kaisers mit Truppen zu veranlassen. Seine Zeitgenossen rühmen seine
„angeborene Beredsamkeit". Nach seines Schwagers Ambringen Zeugnis wollte er
„bezigen, mit fill reden, wie dann Böckle wohl kann" 119. Er pflegte den Umgang
mit Humanisten, mit Glarean, Gast und Pellikan, der ihn zu den „sehr gelehrten
und feinen Männern" zählte. Pantaleon rühmte seinen „hohen Verstand und große
Autorität", er sei von jedermann geliebt worden, und durch seine Weisheit und
Wohlredenheit den Fürsten bekannt".

Nicht frei vom Aberglauben des Hexenwahns, im alten Glauben gebunden, unterhielt
er freundliche Beziehungen mit zahlreichen Vertretern des neuen Glaubens.

Aber Böcklin zog zahlreiche Register: er konnte wie seine Gegner dies bestätigen,
auch laut und grob sein. Seine Reden auf dem Wormser Kreistag wurden als „Drohworte
", sein Verhalten als Pression empfunden. Die Umstände, die sein Dienstverhältnis
in Rufach beendigten, deuten auf Willkür und Gewalttätigkeit. Er gehörte
zu denen, die das Himmelreich mit Gewalt an sich reißen wollen. Dabei bewies er,
auch bei teilweisem Fehlschlag, eine erstaunliche Hartnäckigkeit und Durchstehkraft
, indem er für Positionen kämpfte, die andere längst als verloren ansahen.
Seine schriftlichen Ausarbeitungen, die Formulare seiner pfalzgräflichen Rechtsakte
und die Urkunde seiner Stiftung, zeigen juristische Ausbildung und Diktion und
das Bestreben, alle denkbaren Fälle einer künftigen Entwicklung in die von ihm
verfaßte Regelung einzubeziehen. Geht er bei der Errichtung seiner Stiftung von
der Fortführung des alten Glaubens aus, die er wünscht, so trifft er doch zugleich
Eventualregelungen für den Fall, daß der neue Glaube seinen Einzug halten sollte.
Sein Seelenheil, um das er sich sorgt, bedarf des Gebets der Überlebenden, ein sorgsam
ausgeklügeltes System von Maßnahmen soll dieses Gebet für alle Zukunft
sicherstellen.

Böcklin als Diplomat wird gesprächig „inter pocula", seine Gesprächspartner
nutzen diese einladende Schwäche, traktieren ihn verschwenderisch, und entlocken
ihm, sehr zum Nachteil seiner Aufträge, „fliegende Reden", die der Vizekanzler
dementieren muß. Trinken und Zechen, die dieses im Glauben zerstrittene Jahrhundert
einmütig so gern praktizierte, waren zugleich erprobte Mittel der Politik.
Böcklins Schwiegersohn Lazarus von Schwendi erscheint, verglichen mit ihm, als die
bedeutendere und wirksamere Persönlichkeit. Auch der Kaiser gab dem jüngeren
Schwendi den Vorzug: bei der Zumessung der Aufträge, bei der Bestellung zum
Pfalzgrafen. Während Böcklin, nicht zuletzt in eigener Sache, handfeste Vorteile

119 Amerbachbriefe VI 2894,

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