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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0081
Stellung lag, daß der Name Anklitzen als Angeleysen noch 1627 dort nachweisbar
ist, und die Stadt 1368 sich freiwillig dem Hause Habsburg unterstellte, so daß
Kaiser Wenzel möglicherweise direkter Gerichtsherr gewesen ist. Solange kein
sicherer Nachweis gefunden werden kann, der das Gegenteil beweist, mögen die
Worte Gültigkeit behalten, die ein Franziskanerhistoriker, der Pater Virgilius
Greidner im 17. Jahrhundert schrieb: Berchtoldus Schwarz, seu niger, alias Kon-
stantinus Anklitzen, natione germanus, patria Friburgensis.

Bald nach Bertholds Tod verfaßt der anonyme Feuerwerker jenes Buch, das Ber-
tholds Theorie und Erfindung beschreibt und rechtfertigt. Es enthält alles Wissen
der damaligen Zeit über die Chemie der Kohle, des Schwefels, des Salpeters, der
Pulversorten, ihrer Regenerierung, der Verstärker usw. Eine von keinem Chemie-
Historiker ausgeschöpfte Quelle. Man schätzt die Entstehung des Urtextes auf
1345-1400. Man kann jetzt einengen: Es wurde nach Bertholds Tod, also nach
1388/89 geschrieben. Es stellt die Summe langjähriger Erfahrungen dar, die seit
1375 gesammelt worden sind. Es ist ein weiteres Beweismittel für die Richtigkeit
der von mir früher gegebenen Datierungen. Der Autor wußte sehr genau über Berthold
bescheid, war ein Zeitgenosse, und er ist aus gutem Grund anonym geblieben.
Umsomehr gewinnt sein Text, besonders der Vorspann, den Charakter einer Rechtfertigung
.

Dieses in kurzen Strichen gezeichnete Bild der Erfindung der Feuerwaffen von
seinem Beginn in China um 1232 bis zur Erfindung Bertholds um 1370 und seinem
Tod 1388/89 zeigt noch weitere Konsequenzen. Nicht nur, daß tausend Seiten voller
Kontroversen und Haarspaltereien, Beweisen und Gegenbeweisen überflüssig
geworden sind, auch das Bild der Alchemie jener Zeit ändert sich. Nach bisheriger
Meinung, die zwischen Geistes- und Naturwissenschaftlern etwas differiert, entwickelt
sich ab 900 n. Chr. bis um 1300 auf arabischen Einflüssen fußend die europäische
Alchemie, die mit dem Tod des Reimundus Lullus endet. Sie artet in Gold-
macherei aus, während die wissenschaftliche Chemie höchstens noch im Bergbau
weitergetrieben wird, von wo aus Paracelsus um 1500 einen Neubeginn schafft.

Dieses Bild ist aus zwei Gründen falsch und bedarf einer Revision: Der Chemiehistoriker
v. Lippmann betonte mehrfach, es habe im Mittelalter eine von der reinen
, der spekulativen Alchemie völlig abgetrennte, praktische Chemie gegeben.
Nur konnte das v. Lippmann für die Zeit nach Raimundus Lullus nicht lückenlos
belegen. Da Berthold jetzt als historisch erwiesen ist und einen neuen Zweig der
praktischen, der Feuerwerkschemie initiiert, liegt dieser Beweis vor. Zum andern
aber hat es seit 1240, seit der Gründung des Pharmazeutenberufs durch Edikt Friedrichs
II. von Hohenstaufen eine durchaus praktisch* arbeitende Richtung gegeben,
deren Bedeutung offensichtlich noch nicht in das Gesamtbild integriert werden
konnte.

Die reine Transmutationschemie wird durch verhältnismäßig wenige Männer
vertreten. Ihre Ursprünge liegen in der späthellenistischen Gnosis um 200-400 n.
Chr., die geistigen Wurzeln reichen bis in die Antike. Knotenpunkte sind der
schon erwähnte Bischof Julius Africanus und im späteren arabisch-maurischen Kulturkreis
Geber und Ibn Sina (Avicenna). Hier setzt die Flut der Irrtümer, auch der
Fälschungen ein. Durch Albertus Magnus wird die griechische Elementenlehre maß-

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