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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0086
vater allenfalls halboffizieller Ebene aufzunehmen. Im Oktober 1919 führten sie
zu einem ersten Erfolg, als sich die Reichsregierung einer Aufforderung durch die
Alliierten, sich an der Wirtschaftsblokade gegen das bolschewistische Rußland zu
beteiligen, nicht unterwarf. Schon Anfang 1920 legte der sowjetische Bevollmächtigte
in Berlin ein Konzept für die Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen
Beziehungen vor. Im April 1920 wurde ein Vertrag über die Rückführung
der Kriegs- und Zivilgefangenen unterzeichnet.

Am 6. Mai 1921 wurde ein provisorisches Handelsabkommen zwischen Berlin
und Moskau abgeschlossen, dem jedoch die Briten um zwei Monate zuvorgekommen
waren. Während der Zeit des Kabinetts Wirth/Rathenau 1921/22 wurde
diese Entwicklung zügig vorangetrieben. Die bisherigen Fürsorgestellen für Kriegsund
Zivilgefangene wurden zu Handelsvertretungen erweitert. Die deutsche Seite
sicherte zu, die sowjetische Niederlassung in Berlin als einzige Vertretung des russischen
Staates in Deutschland zu betrachten. Einige Zeit später bezog die sowjetische
Vertretung das frühere russische Botschaftsgebäude Unter den Linden. 1921 betrug
der russische Außenhandelsumsatz schon das Dreifache des Zeitraums 1918/1920.

Das Jahr 1921 brachte eine weltweite Wirtschaftskrise. Am 6. Januar 1922 beschloß
der Oberste Alliierte Rat, eine Wirtschafts- und Finanzkonferenz unter Beteiligung
der ehemaligen Feindstaaten und der Sowjetrussen nach Genua einzuberufen
. „Man gehe als Kaufmann nach Genua", war Lenins Motto, sein politisches
Ziel, Deutschland aus einer einheitlichen Front des europäischen Westens herauszuhalten
. Letzterem kam das Verhalten der Alliierten entgegen, die Deutsche und
Sowjetrussen als nicht gleichberechtigt behandelten. Damit schufen sie eine wesentliche
Voraussetzung dafür, daß eine bereits ausgehandelte deutsch-russische Sonderregelung
am 16. April 1922 in Rapallo tatsächlich zustandekam: Beide Seiten
einigten sich auf die Streichung von Schulden; Rußland verzichtete auf Reparationen
, Deutschland auf eine Entschädigung für nationalisiertes deutsches Eigentum in
Sowjetrußland. Darüberhinaus beschlossen sie die Normalisierung der Beziehungen
und die gegenseitige Meistbegünstigung im Warenaustausch. 1922 war Deutschland
der wichtigste Importeur für russische Güter. Gemischte deutsch-russische Gesellschaften
wickelten einen Teil der Geschäfte ab. Über zwanzig Konzessionen für
deutsche Unternehmen kamen hinzu.

Holzkonzession an der Mologa

Die bedeutendste Konzession zur Nutzung des russischen Holzreichtums war die
Mologa-Konzession, an deren Zustandekommen 1923 Josef Wirth, damals schon
Altreichskanzler, maßgeblich mitgewirkt hatte. Das Freiburger Holzgroßunternehmen
Gebrüder Himmelsbach, seinerzeit das wichtigste einschlägige Unternehmen
in Deutschland, beteiligte sich, angeregt durch Wirth, geschäftlich daran.

Im Mai 1923 wurde ein Vorvertrag über die Erteilung einer Holzkonzession
zwischen der russischen Regierung und der „Gesellschaft für wirtschaftliche Beziehungen
mit dem Osten" geschlossen. Diese Gesellschaft umfaßte eine große Zahl
führender Industriewerke. Vorsitzender des Aufsichtsrats war der Reichstagsabgeordnete
Dr. Haas.2 Im Sommer 1923 unternahmen Dr. Haas und Dr. Wirth mit
mehreren Forstspezialisten und Finanzleuten sowie Professor Dr. Ammann von

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