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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0089
Wirtschaftsweise des Unternehmens Mologa gewähren. Rümmele nennt auch Namen
von Kollegen, darunter etliche, die wie er aus Südbaden stammen. Seine Rußlandreise
und sein mehrjähriger Aufenthalt dort lohnen deshalb eine ausführliche
Darstellung:

Seine Fahrt gen Osten begann am 3o. März 1925 als Bahnreise in Basel und
führte ihn zunächst nach Berlin, wo er sich einen Tag lang aufhielt und das Büro
der Mologa AG in der Keithstraße besuchte. Das rund 500 Kilometer entfernte
Königsberg erreichte er am 1. April. Am gleichen Tag passierte er die deutschlitauische
Grenzstation Eydtkuhnen. Von dort ging es nach Riga, der Hauptstadt
des damals selbständigen Lettland, und nach Estland. Am 3. April erreichte er
Leningrad, wo er im Hotel Europäischer Hof Quartier bezog. Den Ankunftstag
scheint Rümmele zur Besichtigung der Stadt benützt zu haben, denn er notiert:
„Interessantes Leben. Großer Verkehr." Am nächsten Tag bereitete er sich auf sein
neues Arbeitsgebiet, das weithin sumpfige Waldland östlich der Waldaihöhen, vor:
Er versorgte sich mit Wasserstiefeln.

Am 5. April erreichte er Bologoje, einen Bahnknotenpunkt auf halber Strecke
zwischen Leningrad und Moskau, dann das etwa 100 Kilometer östlich gelegene
Maksaticha, wo er zum ersten Mal den Fluß sah, der dem Unternehmen den Namen
gab: die Mologa, einen Nebenfluß der Wolga. Hier begann eine 60 Kiliometer
lange Schlittenfahrt nach Norden bis Sablotti, wo er um Mitternacht eintraf. Am
anderen Morgen reiste er weiter, wieder mit dem Schlitten, in das 20 Kilometer entfernte
Parogie, zu deutsch: Sümpfe.8 Hier befand sich ein Lager der Mologa AG,
aber keine Ubernachtungsmöglichkeit, denn er mußte nachmittags wieder nach
Sablotti zurückkehren. In den nächsten Wochen war Rümmele fast ständig unterwegs
von einer Werksniederlassung und von einem Holzplatz zum andern, von
Sablotti nach Swinzewo, wo er Landsleute traf: Meier aus Krozingen und Engler
aus Breisach, von dort aus nach Solstoi und Bereschtschow. In der Nähe von Be-
reschtschow war das Lager 126, wo er einige Tage lang blieb. Dort traf er den -
Kollegen Schmaus aus Regensburg und erhielt die Anschrift eines weiteren „Rußlandfreiwilligen
" namens Adolf Münk.9

Rümmele suchte weitere Lager auf, verirrte sich zwischendurch einmal nachts im
Wald, kam auf einer Floßfahrt nachTschorno-ruge, dann wieder zurück nach Parogie
. Dort traf er seine Mitarbeiter Held und Dieterle, im Lager Saregi einen Herrn
Schlüter von der Mologa AG und am 13. Mai 1925 Herrn Himmelsbach selbst. Am
21. Mai reiste er von Parogie mit dem Boot die Mologa abwärts, zu einem guten
Teil bei Nacht, nach Pestowo, wo die Bahnlinie Mga-Rybinsk die Mologa überquert
und wo ein Werk der Mologa AG lag. In Pestowo fand Rümmele Briefe aus
Deutschland vor. Weniger gut als die Post scheinen die Lohnzahlungen organisiert
gewesen zu sein, denn am 25. Mai mußte er, bevor er nach Pesj aufbrach, von seinem
deutschen Kollegen Faißt 15 Rubel borgen. Nach neunstündiger nächtlicher

8 Beim Lesen und Deuten der zum Teil in russischen Buchstaben geschriebenen Namen war freundlicherweise
Herr Alexander Kresling behilflich. Auch für geographische Hinweise sei ihm als Rußlandkenner gedankt.

9 Adolf Münk, ein Absolvent des Holztechnikums in Rosenheim, sollte später Gefallen am russischen Sozialismus
finden. Er kehrte nach einem kurzen Aufenthalt in Südamerika in die Sowjetunion zurück. Sein letzter
Brief an Rümmele kam 1936 aus Stalino im Donezbecken, wo er als Ingenieur in einem Kraftwerk arbeitete.

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