Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
94/95.1976/77
Seite: 222
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0228
Ordensbruders Augustinus de Montefalco, der 1515 die Akten des Kanonisations-
prozesses in Venedig im Druck erscheinen ließ.15

Rechts vom Beschauer befindet sich dann eine Heilige, die nicht auf den ersten
Blick hin zu identifizieren ist. Die Matronenhaube scheidet sie zwar von der großen
Schar der heiligen Jungfrauen. Auch ihr eines Attribut, das Kreuz, verengt den
Kreis der in Frage kommenden Heiligen. Das Kreuz ist das allgemeine Attribut der
Büßerin, es steht aber auch für die besondere Liebe zum Gekreuzigten, für eine
Versenkung in das Leiden Christi.16 Weiter darf man annehmen, daß diese Heilige
zu den vom Augustinerorden speziell verehrten heiligen Frauen gehört und auch
in einen Sinnzusammenhang mit dem Kult der hl. Klara von Montefalco gebracht
werden kann, der durch dieses Blatt ganz offensichtlich gefördert werden sollte.
All das trifft nun auf die hl. Maria Magdalena zu.17 Sie ist die von der Christus-
Mystik des späten Mittelalters bevorzugte Heilige,18 da sie zu den trauernden
Frauen unter dem Kreuz Christi gehörte, mit Spezereien und Salben zum Grabe
des Herrn ging und dort als erste den Auferstandenen sah. Mit ihr verschmolz auch*
die Gestalt der Sünderin, die Christi Füße salbte (Luc. 7, 38). Daher steht ihr das
Kreuzattribut zu.19 Wie alle Heiligen der ersten sechs Jahrhunderte wird sie zu den
besonders vom Augustinerorden verehrten Heiligen gerechnet.20 Oft ist sie mit langem
, eng gegürtetem Kleid, Mantel und Haube dargestellt.21 Statt des Salbgefäßes,
das ihr als individuelles Attribut fast regelmäßig beigegeben ist,22 hat sie hier ein
geigenbogenförmiges Instrument in der Hand, das wir als Walkerstange, in dieser
Form auch Wollbogen genannt, erkennen können. Eine große Walkerstange führt
sonst nur der hl. Jakobus d. J. auf Abbildungen mit sich,23 der einst von einem
Walker damit erschlagen wurde, und der hl. Bischof Severus von Ravenna, ein ehemaliger
Wollenweber.24 Für die hl. Maria Magdalena ist ein solches Abzeichen in
der Literatur bisher nicht vermerkt worden; doch wird sie dort auch als Patronin
der Wollenweber und Weißgerber ausgewiesen,25 die im 15. Jahrhundert auf ein
Arbeitsgerät in dieser Form angewiesen waren. Das Attribut ist hier somit nicht
aus der Legende der Heiligen herzuleiten, sondern es ist das Zeichen für ein Patro-
nat. Es deutet darauf hin, daß unser Blatt durch eine Institution veranlaßt wurde,
an einer örtlichkeit entstand, wo die hl. Maria Magdalena speziell in ihrer Eigenschaft
als Schutzpatronin von Weißgerbern, Wollenwebern und Tuchmachern verehrt
wurde.

Nun brauchen wir uns auf unserer Suche gar nicht vom Fundort zu entfernen.
Der hier gezeigte Walkerbaum ist das Zunftwappen der Freiburger Tucherzunft,26
in die auch die Gewerbe der Wollenweber und Wollschläger eingegliedert waren.27
Sie galt einst als sehr wohlhabend und besaß die Walken der Stadt als Eigentum;
die Tuchwalker selbst arbeiteten nur als Zeitpächter.28 Die Walken lagen am Mühlebach
, dem späteren Gewerbskanal der Stadt Freiburg,29 einer Abzweigung der
Dreisam, der von Ebnet her kommend vom Schwabentor an die Gerber- und Fi-
scherau durchfließt, wo ehedem die Rot- und Weißgerber, Tuchwalker und andere
Gewerbe wohnten, die das Wasser für ihre Arbeit brauchten. Das Augustinerkloster
aber grenzte direkt an die Gerberau, nur die Klostermauern trennten Mönche
und Anlieger des Gewerbskanals.30 So wurde das Kloster auch früh als nähere Markierung
in der Ortsbeschreibung genannt, etwa in einer Urkunde vom 19. Novem-

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