Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
94/95.1976/77
Seite: 226
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0232
Eine der schönsten Figuren der Hochchor-Fenster des Freiburger Münsters37 ist
die Mater dolorosa,38 die Hans von Ropstein 1511 schuf. In ihrer Kopfpartie: den
schweren Augenlidern, der langen, kräftigen Nase, dem kleinen Mund und dem
energischen Kinn, doch auch in der Linienführung ihres Mantelsaums, angefangen
vom Umschlag über die Falten des Knieknicks bis hin zur kleinen, aufgebauschten
Schleppe, entdecken wir so viel, was sie mit Zügen unserer Klara gemeinsam hat,
daß man schwer glauben kann, dies alles sei nur dem bloßen Zufall zu verdanken.
Dabei braucht keine direkte Kopie vorzuliegen; auch eine Abhängigkeit von einer
gemeinsamen Vorlage ist denkbar.

Von der ruhigen Geschlossenheit der im ganzen recht flächenhaft wirkenden hl.
Klara von Montefalco heben sich die übrigen beiden Heiligen weitaus plastischer
ab, dabei in der Eleganz ihrer Haltung, der Schwermut ihres Ausdrucks und der
Gewandbehandlung, die hier ein wesentlicher Ausdrucksträger ist, einander nah
verwandt. Schon ein flüchtiger Blick findet geradezu verblüffende Übereinstimmungen
mit den frühen Holzplastiken des Hans Wydyz,39 der zwischen 1497 und 1510
in Freiburg urkundlich nachzuweisen ist und sicher noch bis ca. 1514/16 in der Stadt
wirkte, obgleich sich direkte Vorlagen zu unseren zwei Heiligenfiguren nicht erhalten
haben. Beide zeigen in Körperhaltung und Gewandaufbau, aber auch in Details
die typischen Merkmale Wydyzscher Formensprache, die ihn von anderen Meistern
der oberrheinischen Gerhaert-Nachfolge sicher unterscheiden. Vergleichen wir einmal
unsere hl. Maria Magdalena und Anna selbdritt mit den von Wydyz geschaffenen
Statuetten der hl. Agnes40 und der Muttergottes,41 beide aus dem ehemaligen
Kloster Adelhausen, die sich jetzt im Freiburger Augustinermuseum befinden, zwei
„Meisterwerken spätgotischer Kleinplastik": die Agnes steht dort ebenso wie hier
die Maria Magdalena mit leicht nach rechts gebogener Hüfte und vorgesetztem
linken Fuß (der auf dem Holzschnitt durch die Stifterfigur verdeckt und nur im
Ansatz sichtbar ist). Der schlanke Körper im engsitzenden, einfachen Kleid wird
bei beiden Figuren von einem Mantel verhüllt, der glatt über die Schultern fällt,
dann von den linken Schultern in großem Bogen um den jeweils linken Arm zur
rechten Hüfte gezogen ist und in scharfen, gebrochenen Falten vor dem Körper
liegt, während er an der rechten Seite in glatter Bahn herabfällt, um sich erst am
Boden in Falten zu stauen. (Das letztere geschieht auf unserem Holzschnitt übrigens
ganz ähnlich wie bei der schon genannten Adelhauser Muttergottesstatue.)
Wir finden im Antlitz den gleichen schwermutvollen Ernst. Einzelheiten der Gesichtsbildung
(Brauen, Augen, Nase, Mund, Kinn) decken sich. Die hl. Agnes blickt
in gleicher leichter Drehung des Kopfes herab wie bei uns die hl. Maria Magdalena,
auch ganz typische Kennzeichen Wydyzscher Figuren, der kräftige Hals, der
ausgeprägte Kopfnicker, sind hier anzutreffen. Den schrägen, stulpenförmigen
Ärmelabschluß am Gewand der hl. Maria Magdalena unseres Holzschnitts können
wir sowohl bei der hl. Agnes wiederentdecken, als auch bei zwei Heiligenfiguren
vom linken Seitenaltar in Lautenbach (Renchtal), nämlich der hl. Katharina
und der hl. Barbara, die von L Schroth der Wydyz-Nachfolge zugeschrieben wurden
.42 Übrigens hält unsere Maria Magdalena mit ihrer linken Hand ebenso den
Wollbogen wie die eben zitierte hl. Barbara ihren Turm; die rechte Hand der Maria
Magdalena umschließt mit den gleichen, überaus schlanken Fingern das Kreuz

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