Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
94/95.1976/77
Seite: 416
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0422
Rohrer und Silbermann zu bauen pflegten. Das heißt, daß bei verhältnismäßig geringer
Registerzahl dem Organisten ein Optimum an Klangmöglichkeiten geboten werden mußte.
Die beschränkten finanziellen Mittel der Auftraggeber zwangen die Orgelbauer von selber
zu der manchmal heroisch anmutenden Selbstbeschränkung in der Klangdisposition. Unter
den einheimischen Meistern zeichnete sich neben dem Freiburger Johann Baptist Hug oder
der aus dem Schwarzwald kommenden Familie Bernauer vor allem Mathias Martin als
hervorragender Orgelmacher aus, der dem weitgehend an französischen Vorbildern orientierten
Orgeltyp in der Ortenau und im Breisgau zur Blüte verhalf.

1765 als Sohn des Klosterzieglers in Ettenheimmünster geboren, wuchs Mathias Martin
im Schatten einer Benediktinerabtei auf, der noch heute die eifrige Pflege der Musik nachgerühmt
wird. Aus den Zusammenhängen heraus schließt B. Sulzmann auf eine Lehrzeit
Mathias Martins in den Werkstätten des großen Rabiny (1779 Orgelbau in Schuttern) und
des nicht minder bedeutenden Rastatter Meisters Stieffei (1781 Orgelbau in Seelbach bei
Lahr). Außerdem hatte der junge Meister bei der langjährigen Pflege der Ettenheimmün-
sterer Silbermann-Orgel Gelegenheit, Konstruktionsprinzipien und Mensurationsverfah-
ren des hervorragendsten Straßburger Orgelmachers J. A. Silbermann gründlich kennenzulernen
. Nach ersten mühseligen Jahren, in denen sich Mathias Martin mit kleinen Arbeiten
durchschlug, erstellte er 1789/90 seinen ersten Orgelneubau in Schmieheim. Nebenher
lief die Einbürgerung mit Hauskauf auf klosteramtlichem Gebiet in Münchweier. Die
Auswirkungen der Französischen Revolution und familiäre Komplikationen veranlaßten
Mathias Martin jedoch, im Sommer 1799 die südliche Ortenau zu verlassen und sich mit
seiner Werkstatt in Waldkirch/Elztal anzusiedeln, wo er bald eine emsige Neubautätigkeit
entfaltete und nach erfolgreichem Leben 1825 verschied. Über dem Wirken seiner Söhne,
die in Freiburg und Waldkirch ansässig waren, waltete kein guter Stern. 1837 brach die
Martin-Werkstatt in Waldkirch mit dem Freitod der beiden letzten Firmeninhaber zusammen
. Dem biographischen Kapitel schließt sich eine genealogische Abfolge mit Kirchenbuch
- und Protokollauszügen an, in der B. Sulzmann genaue Belege zu allen Lebensumständen
der Orgelmacherfamilie Martin bietet.

Was die Beachtung der Fachleute und Orgelliebhaber fordert, ist die Untersuchung
über den „Oberrheinischen Orgelbau zwischen 1715-1825", die der Analyse des künstlerischen
Werkes der Martin vorausgeht. Hier und in den übrigen Abschnitten des Buches
werden allein 173 Orgelbauer und 402 Ortschaften mit Orgeln in die Betrachtung einbezogen
, so daß sich ein wesentlicher Teil der badischen Orgelbaugeschichte erschließt. Eine
Fundgrube auch für den Breisgau!

An den Neubauten der Martin leitet B. Sulzmann mit zwingender Beweisführung deren
Konstruktionsprinzipien für Orgelgehäuse, Prospektgestaltung, Windladenbau, Registerstellungen
, technische Maße, mechanische Spiel- und Registertrakturen, Spielschränke,
Klaviaturen, Windverhältnisse und Herstellung des Pfeifenwerkes ab. Qualität war dabei
für die handwerkliche Ausführung etwas Selbstverständliches. In Mathias Martins künstlerischer
Entwicklung gilt es zwischen Orgeln zu unterscheiden, die von Münchweier aus
- und solchen, die nach 1800 von Waldkirch aus geliefert worden sind. Obwohl in beiden
Fällen eine meisterliche Dispositionskunst am Werke war und die Martin-Orgeln über eine
erstaunliche Klangvielfalt verfügten, richteten sich die Orgelneubauten des zweiten Zeitabschnittes
in zunehmendem Maße nicht mehr nur an der französischen Orgeltradition aus,
sondern begannen im klanglichen Charakter frühromantische Züge anzunehmen. Mathias
Martin erwies sich so auch auf „theoretischem Gebiet" als großer Meister oberrheinischer
Orgelbaukunst, dem man mit der Einstufung als „Silbermann-Epigone" nicht gerecht werden
würde. Schon zeitgenössische Urteile sprachen dem Waldkircher Meister ihre besondere
Anerkennung aus.

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