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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0031
War Kanzler Konrad Stürtzel der
„Oberrheinische Revolutionär"

Von Hermann Kopf

Die Stadtbibliothek Kolmar bewahrt unter der Signatur Ms. 50 einen mit
Holzdeckeln und Schweinslederrücken ausgestatteten Folioband, der die Abschrift
eines umfänglichen Manuskriptes eines unbekannten Autors enthält. Aus Angaben
des Textes entnimmt man, daß die Niederschrift in den Jahren 1498-1510 erfolgt
ist, obwohl der Verfasser selbst in seiner Einleitung das Jahr 1490 als Jahr der ersten
Niederschrift angibt. Das Wasserzeichen des Ochsenkopfes, das dem Papier
bei seiner Herstellung eingegeben wurde, ist in den Jahren 1481-1512 verwendet
worden. Drei Abschreiber haben bei der Kopie des Textes mitgewirkt. Der Folioband
trägt den Besitzvermerk des Daniel Swegler zu Basel, der als Prokurator am
geistlichen Hofgericht und Vogt des bischöflichen Schlosses Birseck tätig war
(f 1546). Im Jahre 1893 hat Hermann Haupt auf die Handschrift hingewiesen
und ihren Inhalt summarisch mitgeteilt.1 Manche Reformgedanken der Schrift, die
auf Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse abzielten, veranlaßten ihn,
den unbekannten Autor als den „Oberrheinischen Revolutionär" zu kennzeichnen
. Die Einordnung der Schrift „in den Spannungsbogen der frühbürgerlichen
Revolution" dürfte den Anlaß dafür gebildet haben, daß der gesamte Text der
„Hundert Kapitel und der vierzig Statuten des sogenannten Oberrheinischen Revolutionärs
" im Jahre 1965 in der DDR von Anneliese Franke herausgegeben und
von Gerhard Zschäbitz mit einer „Historischen Analyse" versehen wurde. Diese
mit Sorgfalt und Kenntnis geschriebene Analyse ist die eines marxistischen Historikers
, der „die relative Eigenständigkeit gewisser Überbauerscheinungen", insbesondere
bei den Nachwirkungen religiöser Ideen nicht verkennt.2 Über den unbekannten
Autor der Schrift ist viel gerätselt, sein Gedankengut ist auf verschiedene
Weise interpretiert worden. Willy Andreas bezeichnete den Verfasser als gelehrten
Strudelkopf, seine Schrift als Gespinste eines überreizten Gehirns und einer
eigenbrötlerischen Seele, während Peuckert ihn schlechthin als närrischen Schwärmer
charakterisierte. Der Amerikaner Norman Cohen glaubt in der Schrift, die
den Deutschen eine Vormachtstellung in Welt und Geschichte einräume, Grundgedanken
der nationalsozialistischen Ideologie zu erblicken. Das Geheimnis der
Autorschaft blieb ungelüftet, bis im Jahre 1974 der verdienstvolle Biograph der
Familie Stürtzel von Buchheim den Hofkanzler des Königs Maximilians I., Conrad
Stürtzel von Buchheim, als den Oberrheinischen Revolutionär und damit als
den Autor der Schrift namhaft machte.3 Manche Hinweise, die der unbekannte
Autor über eigene Erlebnisse gibt, scheinen mit den Lebensdaten Stünzels und
dem Gang seiner äußeren und inneren Entwicklung übereinzustimmen oder min-

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