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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0081
Ulrich Zasius und die Taufe jüdischer Kinder

Von Steven Rowan
Aus dem Englischen übersetzt von Renate Liessem-Breinlinger

Im Jahre 1508 veröffentlichte Ulrich Zasius eine Schrift über die gegen den Willen
ihrer Eltern erfolgte Taufe jüdischer Kinder. Darin faßt er eine lange scholastische
Debatte zusammen, in der über das Recht der Juden, im Christentum zu
überleben, gestritten worden war. Außerdem begründet Zasius darin das Recht des
Staates auf Kontrolle der religiösen Erziehung aller Kinder. Deshalb soll in der
vorliegenden Abhandlung den geistigen Grundlagen für die hier geäußerten Ansichten
des großen Juristen nachgegangen werden, um so die Beziehungen zwischen
der späten Scholastik und dem humanistischen Gesellschaftsverständnis zu erhellen
. Außerdem soll versucht werden, dem Wesen dieser geistigen Auseinandersetzung
am Vorabend der Reformation näherzukommen.1

I

Ulrich Zasius wurde bekanntlich 1461 als Sohn einer angesehenen, aber verarmten
Bürgerfamilie in Konstanz geboren. 1481 ließ er sich in Tübingen immatrikulieren
. In den späten achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts war er Stadtschreiber
in der Reichsstadt Buchhorn, dem heutigen Friedrichshafen. Anschließend nahm
der den gleichen Posten in Baden im Aargau und dann in Freiburg im Breisgau ein.
Seine Dienstzeit in der Freiburger Stadtkanzlei von 1494 bis 1496 bedeutet eine
entscheidende Phase in deren Entwicklung vom mittelalterlichen Schreiberdienst
zur voll ausgebildeten Behörde. Von 1496 bis 1499 versah er das Amt des Freiburger
Schulmeisters. Erst dann wandte er sich wieder regelrechten akademischen
Studien zu. Er erwarb 1501 den Doktorgrad und lehrte nun bis 1505 Dichtkunst,
Rethorik und Einführung in die Rechtswissenschaften. Erst im zuletzt genannten
Jahr erhielt er den Lehrstuhl für bürgerliches Recht an der Freiburger Universität,
eine Stellung, die er bis zu seinem Tod 1535 beibehielt.2

Viele Zeitgenossen sahen in Ulrich Zasius einen begnadeten und geistreichen Lehrer
, den sie mit Guillaume Bude und Andrea Alciato als Erneuerer des römischen
Rechts auf eine Stufe stellten. Er kann jedenfalls als einer der Hauptvertreter des
sogenannten mos Galliens angesehen werden, versuchte er doch auf diesem Wege
die mittelalterlichen Kommentatoren und ihre als mos Italiens bezeichnete Methode
beiseite zu schieben. Deshalb bemühte er sich, die Originaltexte der römischen
Gesetzgebung direkt auf zeitgenössische Rechtsfragen anzuwenden.3 Der

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