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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0095
Freiburger Universität erklären. Im Jahre 1508 konnteNorthofer als der führende
Theologe der Freiburger Hochschule gelten. Daher war sein Einverständnis notwendig
, um den Ausführungen des jüngeren Kollegen Gehör zu verschaffen. In
seinem Nachwort zu der Abhandlung des Zasius bringt nun Northofer allerdings
zum Ausdruck, er glaube, der Verfasser sei über das spezifische Problem des Vorfalls
von 1504 nicht weit genug hinausgegangen.45 Tatsächlich war die hier vertretene
Auffassung des Zasius, von der freien Zustimmung zur Taufe, die er in der
zweiten Quaestio behandelt, recht vage. Sie ließ Raum für alle Arten von indirektem
Druck auf einen möglichen Konvertiten, der in seinen Entschließungen noch
schwankend war.46 Doch war Zasius nicht hinreichend von der Tauglichkeit der
Gründe für eine generelle Ausübung von Zwang bei der Taufe überzeugt. Wenn er
es gewesen wäre, wären etliche seiner Ausführungen über den besonderen Status
eines Kindes unnötig gewesen.

Prof. Dr. Guido Kisch in Basel, wohl der bekannteste Gelehrte, der sich mit der
Abhandlung des Zasius über die Zwangstaufe beschäftigt hat, vertritt die Ansicht,
daß dieser Autor seine Meinung von der Zulässigkeit einer erzwungenen Bekehrung
jüdischer Kinder aus der Lehre von der Knechtschaft der Juden herleite.47
Mir scheint es dagegen, daß damit ein weniger wichtiger Teil der Argumente des
Zasius hervorgehoben wird, die nur dazu dienen sollten, Thomas von Aquin zu
widerlegen. Die Behauptung von der Sklaveneigenschaft der Juden beruht auf der
besonders gearteten Lage des jüdischen Volkes, die wiederum aus historischen und
rechtlichen Vorgängen resultierte. Sie wurde nämlich entweder mit dem Vorwurf
begründet, die Juden hätten Christus ermordet, oder man erklärte sie als Folge der
Eroberung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 nach Christus. Zasius kannte
die Behauptung, daß die Juden in der Abhängigkeit von Harn stünden und er
lehnte sie ab.48 Thomas von Aquin hatte eingeräumt, daß die Juden in gewisser
Weise Sklaven seien. Er ging aber von einer bürgerlichen Sklaverei aus, welche die
Rechtshandhabung nach dem Naturgesetz nicht berühre. Es ging also garnicht so
um die Frage nach der rechtlichen Bedeutung der Sklaverei, sondern um das Problem
, ob ganz allgemein Rechte von Eltern durch einen Fürsten einfach aufgehoben
werden könnten. Wenn dieser nämlich die absolute Gewalt habe, die Taufe
von Kindern zu erzwingen, dann mache die Frage der unabhängigen oder abhängigen
Stellung der Eltern in dieser Sache nichts aus. Auch jüdische Eltern stünden
dann rechtlich auf der gleichen Ebene wie die christlichen Einwohner.

Die beiden Hauptargumente, deren sich Zasius bediente, gehen von allgemeinen
positiven Formulierungen über die Natur der christlichen Gesellschaft aus. Ihre
Anerkennung hätte die Voraussetzungen zu Fall gebracht, auf denen die Tolerierung
der Juden im Christentum beruhten. An erster Stelle wäre hier das Argument
zu nennen, nach dem die Tradition der Kirche nicht als Begründung dafür benutzt
werden dürfe, um die Ausübung der Macht innerhalb einer christlichen Gesellschaft
zu beschränken (das Argument gegen das Herkommen).49 Zasius vereinte es
zwar, daß es überhaupt eine geltende Tradition gegen die Judentaufe gäbe. Gegenüber
der Behauptung, daß die Tradition der Kirche die Taufe jüdischer Kinder
ausschließen könne, erinnert er daran, daß Christus selbst seine eigene Autorität in
die Kirche eingebracht habe. Selbst die Apostel hätten nicht alles voraussehen kön-

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