Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1979/0008
Die Erforschung der Grundlagen der Landesherrschaft wurde entscheidend von
den Aussagen der neueren deutschen Verfassungsgeschichte über das Wesen der
mittelalterlichen Herrschaft beeinflußt, wie sie besonders von Th. Mayer, O. Brunner
, H. Dannenbauer und W. Schlesinger entwickelt wurden.7 In einer aus der
frühmittelalterlichen Hausherrschaft erwachsenen, eigenständigen Adelsherrschaft
wird nun ein Wesenselement der mittelalterlichen Verfassungs- und Herrschaftsordnung
gesehen. Die adelige Herrengewalt enthält Momente, die sowohl privatrechtlicher
als auch öffentlich-rechtlicher Natur sind, die aber keiner besonderen
Verleihung durch den König bedürfen. Vor allem bei der älteren Grundherrschaft
handelt es sich um einen Komplex von Herrschaftsrechten, der grund-, leib- und
gerichtsherrliche Elemente in sich vereinigt - ein Tatbestand also, der sich besser
mit dem Ausdruck „Herrschaft über Land und Leute" umschreiben läßt.

Aufgrund dieses neuen Verständnisses mittelalterlicher Herrschaft und Staatlichkeit
erwiesen sich alle älteren Auffassungen von der Entstehung der Landeshoheit
als unzulänglich, da sie allzu rechtshistorisch und rechtsdogmatisch an das
Problem herangegangen waren und ihre Theorien häufig monokausal aus einem
einzigen Faktor hergeleitet hatten. Zusammenfassend konstatiert daher K. S. Bader
: „Das mittelalterliche Territorium ist weder aus der hohen noch aus der niederen
Gerichtsbarkeit noch aus der Grundherrschaft hervorgegangen, sondern regelmäßig
aus allen diesen oder doch aus mehreren Faktoren zugleich. Jede mittelalterliche
Herrschaft, jede Innehabung rechtlich begründeter Gewalt kann ihrem
Wesen nach zur Staatswerdung führen, wenn die entsprechenden dynastisch-dynamischen
Voraussetzungen gegeben sind."8 Der Grundherr allein schaffte offensichtlich
den Aufstieg zur Landesherrschaft nicht, wie es zahlreiche große Grundherrschaften
der Kirchen und Klöster beweisen, die trotz Reichtum und großer Besitzungen
oft einfache Grundherren blieben. Der Grundherr aber, der in seinem
Bereich auch die Gerichtsherrschaft und andere hoheitliche Funktionen dazuer-
warb, konnte Territorialherr werden. Fehlt dagegen dem Inhaber der Hoch- und
Vogteigerichtsgewalt die wirtschaftliche Grundlage ausreichender grundherrlicher
Einkünfte, so war ihm der Weg zur territorialen Stellung erschwert und keine Basis
für eine dauerhafte Territorialstellung gegeben. Je früher und je vollständiger
einer Herrschaft die Verbindung verschiedener herrschaftlicher Funktionen im geschlossenen
herrschaftlichen Kleinraum gelang, um so deutlicher und unwidersprochen
konnte ihr aus ehedem abgeleiteten und teilbaren Funktionen die Landesherrschaft
erwachsen, die in der Verbindung von sichtbarem Recht und legitimierender
Gewalt zeigte, wer „Herr im Lande" war.9

Der langfristige Vorgang der Genese territorialstaatlicher Erscheinungen wird
von der neueren Forschung mit Recht viel weiter zurückverlegt, als dies noch vor
einigen Jahrzehnten geschah, und man redet heute bereits mit einer gewissen Selbstverständlichkeit
vom „Staat" der Herzoge von Zähringen10 oder vom „Staat" der
Staufer.11 Die alte Vorstellung von den Territorialfürsten als Usurpatoren des
Reiches hatte die historische Entwicklung einseitig von einem unitarisch-zentralisti-
schen Reichsstaat gesehen, den es in Wirklichkeit auch in der karolingischen und in
der ottonisch-salischen Zeit nicht gegeben hat. Im übrigen muß man bedenken, daß
der Prozeß der Territorialstaatsbildung nicht im 13. oder 14. Jahrhundert abge-

6


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1979/0008